An der Arena

von Markus H.

Dieses ist so ein Bild leise enttäuschter Erwartungen. Als erstes denkt man: Super! Könnte in einer Werbebroschüre des Betreibers zu finden sein! Das herrliche Licht, die Abendsonne, blauer Himmel, die angenehmen, schönen, kräftigen Farben. Doch sodann drängen sich uns ein paar Ungereimtheiten auf, Fehler im System des perfekten Würstchenbudenbildes. Und reden wir gar nicht davon, dass doch ein Funken Sozial- und Kulturkritik darin steckt, wenn eine Bratwurst in der Abendsonne aufleuchtet, als sei sie mindestens eine goldene Rolex! Nein, das ist in dem Sinne kein Fehler, aber es macht das Bild interessanter! Natürlich ist es das Eddding-Gekritzel, das wir eigentlich gar nicht sehen wollen. Dann entdecken wir, dass nicht die ganze, sondern nur die halbe Würstchenbude in der Sonne liegt. Und das grüne Vordach hängt etwas zu krumpelig herum. Nein, dieses Bild würde es nicht in eine Werbebroschüre schaffen! Aber bei und kommt es ganz nach vorne! :-)

von Jörg

Ich kenne die Stelle von einem anderen Bild. Schön gesehen und sehr schön durch Komposition und Schärfeführung in Szene gesetzt. Es könnte auch ein Riss in der Erdkruste sein!

Ich darf es bitteschön umbenennen: HOMMAGE AN ALI MIGUTSCH. Es ist ja ein Wimmelbild - aber ohne Menschen. Sprich: Wir haben viel zu entdecken! Es gibt diverse räumliche Ebenen, unerwartete fast absurde Gegenstände, symbolgewaltige Gegenstände, banale Gegenstände, Spiegelungen, Einsichten und Durchsichten ... -  aber all das wäre Makulatur, wenn dieses Bild nicht ein eindeutiges Zentrum besäße, um das es unbeirrbar kreist, das es stabilisiert und uns fokussiert und beruhigt: Die weiße Form in der Mitte. Ich kann mir denken, was es ist, aber das, was ich da sehe, ist EIN BUCH. So reduziert, wie man es nur darstellen kann - zweidimensional und ... leer! Selbst für ein Piktogramm wäre das wenig. Und wie dieses Buch da mitten in diesem (Wimmel-)Bild prangt! Das hat etwas extrem berührendes, das macht nachdenklich. Denn so reduziert, wie es ist, steht es ganz allgemein für Kultur, für Bildung, für Wissen und ist damit zum bersten mit Bedeutung und Erwartungen und Verheißung angefüllt - mitten in diesem Panoptikum von Nebensächlichkeiten.

von Annette

In diesem Bild wird ein Widerspruch thematisiert und illustriert, der wahrscheinlich in jeder Großstadt anzutreffen ist, der vielleicht sogar ein Teil von Großstadt ist, die Natur von Großstadt beschreibt: Der Widerspruch zwischen Plan und Wirklichkeit. Und das wiederum offenbart, dass Großstadt ein eigenständiger Organismus ist, der seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt und sich oftmals als weniger planbar erweist, als wir uns das erhoffen. Diese Idee, dieser Gedanke, dass Großstadt ein eigenständiger Organismus ist, der nach schwer durchschaubaren Gesetzen agiert, ist nicht neu und leider auch nicht von mir - dazu bin ich einfach zu jung -  aber es ist ein spannender Gedanke, und hier haben wir ein Bild dazu!
In diesem Bild herrscht Ordnung. Im Bild, aber vor allem im Bildgegenstand. Wir spüren ganz deutlich, dass hier ein Plan und Prinzipien ganz dezidiert umgesetzt wurden. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Dem Plan liegen Vorstellungen darüber zugrunde, was Menschen brauchen, was ihnen gemäß ist, was ihnen gefällt und was ihnen das Leben leicht und angenehm macht. Und wir sehen, dass der Plan nicht aufgegangen ist. Was wahrscheinlich mit Enthusiasmus geplant wurde, erweist sich im Alltagsbetrieb als trostlos und unnütz, und es wird vor allem nicht frequentiert. Der Boden ist schmutzig, Der Zigarettenautomat wirkt eher wie ein Tresor, die Wand dient nur als Fläche für lieblose Kritzeleien, die Pflanzenkübel wirken deplatziert, und wer hätte wohl gedacht, dass die Pflanzen, wenn sie vom Wind hin und her geschwenkt werden, dunkle Zeichnungen auf den Kübelwänden hinterlassen? Und dieses Netz! Ist es gegen Tauben oder sollen die Pflanzen an ihnen hoch ranken? Eine komplexe und aufwändige Konstruktion die keinen spürbaren Zweck erfüllt!

von Ines

Ein rauhes Bild! Wir spüren die sozialkritische Haltung, das ist offensichtlich. Dieses Bild deklariert das Wohnhaus als heruntergekommen, als nicht begehrenswerten Wohnort. Aber da gibt es ja noch die Gitterstäbe! Es ist nicht klar, welchem Zweck sie dienen sollen: Sollen die Menschen nicht raus oder wir nicht rein können? Sehr interessant aber ist, dass es im Muster der Gitterstäbe eine perspektivische Verzeichnung gibt. Während die Gitterstäbe am rechten Bildrand noch parallel zum Rand verlaufen, kippen sie links ein wenig nach rechts. Und das ist gut so. Sonst wären die Gitterstäbe ein dermaßen starkes ästhetisches Ordnungsprinzip, dass es die Sozialkritik überlagern würde.

von Susann

Wir haben so ähnliche Bilder schon vielfach gesehen. Und wir wissen, dass Susann sich ungern ganz dem Zufall überlässt. Was an diesem Bild besticht, das ist die eine Abweichung, die wir sehen. Dass die horizontalen Linien schräg durchs Bild laufen. Nicht diskret aber sehr reizvoll. 

Herrlich. Hier sind verschiedene Grundelemente des Städtebaus wie in einem primitiven Setzkasten auf einer viel zu kleinen Fläche zusammengesteckt: Gebäude, Straße, Gehweg, Parkplatz, Dach. Und dazu die Vogelperspektive, die so eine Pseudo-Neutralität vorgibt!

von Markus G.

Ein Architektur-Gemälde, schön komponiert, schön anzusehen. Wir haben bisher einige Fotografien gesehen, die das Verwirrende einer komplexen architektonischen Konstruktion zum Thema haben. Hier bei Alex wird das gleiche Thema wachgerufen – diesmal durch den Einsatz einer Spiegelung, die die Verwirrung verdoppelt.

von Alex

von Susanne

Eine tolle Architekturaufnahme. Toll deshalb, weil ich diese Architektur anhand einiger Hard Facts kennenlernen kann und doch gleichzeitig in einem emotionalen Bild einen Eindruck dieser Architektur vermittelt bekomme - was sie sagt, was für ein Gefühl, welche Stimmung sie erzeugt, welche Weltanschauung sie verkörpert. Schön, wie wir die grobe Struktur dieses Gebäudes in Andeutungen vorgeführt bekommen – im Hintergrund sich unser Blick aber in einem undurchdringlichen Gewirr von kleineren Details und Spiegelungen vollkommen verliert!

Verkehrte Welt. Auf dem Weg nach draußen, ins Licht, brauche ich kein Licht! Etwa der Blick durch ein Wurmloch auf einen fernen Planeten?

von Evelyn

Angenehm absurd. Wir brauchen allerdings Zeichnung im Himmel, sonst können wir nicht erkennen, wo das Bild endet.

von Uschi

von Klaus

Aus der Vogel-Perspektive. Heute würde man vielleicht sogar Drohnen-Perspektive sagen, und sie ist uns auch etwas vertrauter geworden.
Der Reiz dieser Perspektive ist eigentlich banal: Wir bekommen etwas zu sehen, das wir im Alltag nicht und auch nicht so ähnlich zu sehen bekommen, eine vollkommen unerwartete und überraschende Ansicht selbst ganz und gar vertrauter Orte. So weit, so vorhersehbar. Bei diesem Bild jedoch, gewinnen wir den Eindruck, durch die Perspektive ein ganz neues Gesicht, einen neuen Aspekt der Stadt zu entdecken. Es ist nicht DAS GLEICHE - aber anders gesehen. Es ist ETWAS ANDERES! Wenn ich das Bild betrachte, denke ich: ORGANISMUS! Die Stadt wirkt hier wie ein eigenständig lebendes und agierendes Wesen. Es sind vor allem die beiden Abgänge zur U-Bahn, die dieses Gefühl hervorrufen. Als habe auch die Stadt eine Vielzahl innerer Organe, die unter der Oberfläche emsig ihren Dienst verrichten. Geheimnisvoll, etwas befremdlich. Hier ist der Zugang zu diesem mysteriösen Maschinenraum.

Dieses Bild ist spannend, weil die Größenverhältnisse der abgebildeten Elemente etwas im Dunkeln bleiben. Natürlich können wir es rein kognitiv rekonstruieren, aber wir werden das Gefühl nicht los, auf eine Spielzeugwelt zu schauen.

von Markus H.

von Markus G.

Hier schwingt ja ein Thema mit, das ich in letzter Zeit häufiger angesprochen habe. Ob mir die Kulturwissenschaft da beipflichtet, weiß ich nicht, vielleicht ist es ja auch nur eine fixe Idee von mir: Dass der Mensch - zumindest nach einigen Jahrtausenden wissenschaftlicher Forschung und technischen Entwicklung - in der Lage ist, Dinge zu schaffen, die so komplex sind, dass sie sich, kaum sind sie vollendet, seiner Kontrolle entziehen und sich selbstständig machen. Auch bei dieser Ansicht beschleicht uns das Gefühl: WER BLICKT DA EIGENTLICH NOCH DURCH? Zu diesem Bild möchte ich aber noch einen Begriff ins Spiel bringen: DEKONSTRUKTIVISMUS. Hier werden unterschiedliche Bauteile solcherart in einem Bild zusammengewürfelt, dass man das Gefühl hat, sie würden gar nicht zusammen gehören! Wir haben ja einen Bogen, das Dach der Arena, wir haben diverse rechte Winkel, die teilweise im Bild durch die perspektivische Verzeichnung gar keine rechten Winkel mehr sind, wir haben geneigte Bauteile, die Stützen des Dachs der Arena, und wir haben spitze und stumpfe Winkel, die größer und kleiner als 90° sind, vor allem in der Spiegelung zu sehen. Sehr viel mehr geht nicht. Ein totales Verwirrspiel.
Aber was das Bild so besonders macht, suggestiv und berührend, das ist dieses merkwürdige, überraschende Nebeneinander von knallharter Technik und Ingenieurskunst und einer diffusen, träumerischen Atmosphäre. Quo vadis?

von Renate

Wie so oft gibt es (auch) ein paar Ungereimtheiten, Eigenheiten, die unbeabsichtigt schiefgegangen zu sein scheinen, aber nur vielleicht, die aber in der Summe zu ungeahntem, vielleicht ebenfalls ungewolltem Zauber führen.
Dieses Bild scheint irgendwie schief zu sein. DA STIMMT WAS NICHT! Wenn mich nicht alles täuscht, müssten eigentlich die vertikalen Streben der Fenster des Gebäudes auch vertikal durchs Bild laufen, die Horizontlinie der obersten Stufe jedoch, die müsste eigentlich schräg im Bild liegen, denn sie fluchtet, wenn mich nicht alles täuscht. Es bleibt so ein Gefühl. Auch haben wir eine verhältnismäßig monotone Fläche im Bild, die irgendwie zu viel Platz einzunehmen scheint - die Stufenflucht in der unteren Bildhälfte. Doch unsere Blicke werden von der Glasfläche angezogen - und das ist gut so! Und nur die Spiegelung der Wolke mit dieser Andeutung von Sonne oder mehr oder weniger direktem Sonnenlicht verrät uns, dass wir eigentlich IN DEN HIMMEL SCHAUEN! Und das ist erhebend - jenseits des räumlichen Wackelns, der Monotonie, des schnöden Plakats, auf das wir blicken. Schließlich haben wir ja auch unsere Blicke erhoben! Was sollten wir anderes sehen, als den Himmel!

Auf den ersten Blick ein gewöhnliches, vorhersehbares Bild. Wenn man sich aber darauf einlässt entdeckt man, dass es sehr konsequent gemacht und auf ganz überraschende Weise NEUTRAL ist. In so einem Licht wirkt ja alles vorteilhaft. Aber dieser Ort hier - wir sind uns nicht sicher, ob wir hier gerne  wohnen würden. Und diese Neutralität und die leichte Ungewissheit, die daraus erwächst, geben dem Bild Tiefe.

Schön einfach, schön gesehen! Wir haben einen ästhetischen Reiz, einen kompositorischen Reiz, aber der Raum wird trotzdem greifbar beschrieben.

von Ines

von Susann

Ich frage mich gerade, ob Alex uns dieses Bild nicht mit einem Seitenhieb auf den armen Andreas Gursky präsentiert hätte, und gleichzeitig wird mir klar, dass die wichtigsten Wesensmerkmale dieses Bilds ganz andere sind, als die, die Gurskys Rheinbilder ausmachen.
Es ist so spannend, dass wir den hinteren Teil der Wiese als „Wand“ wahrnehmen, als Fläche, die uns aufrecht gegenüber steht. Die Räumlichkeit dieses Bildes ist komplett auf den Kopf gestellt! Der untere Teil der Wiese läuft von uns weg. Ebenfalls der Weg. Hier nehmen wir beispielsweise wahr, dass die Steine der vorderen Wegbegrenzung größer sind, als die Steine der hinteren Begrenzung. Da sieht man mal, wie schlau das Auge ist! Aber der hintere Teil der Wiese ist hochgeklappt! Es liegt an dem Schatten, der die Fläche oberhalb des Weges teilt. Wir würden erwarten, dass er einem Punkt entgegen fluchtet, aber das tut er nicht, er teilt die Fläche augenscheinlich durch eine senkrecht verlaufende Grenze. Aber das ist noch nicht alles. Bis hier ist es noch eher eine Spielerei, eine Täuschung unter Zuhilfenahme optischer oder physikalischer Gesetzmäßigkeiten. Sie würde nicht weit tragen. Aber das Bild macht doch einen Eindruck auf uns. Ich habe mir überlegt, dass in der Natur eine solche gerade Schattenlinie nicht vorkommt. Nur so eine Idee. Das bedeutet, wir sehen, dass sich links von dem Bild etwas sehr Großes und Menschengemachtes befinden muss. Oder ein Alien-Raumschiff. Was es aber keinesfalls leichter macht!!!

Auf der Flucht -  Jörg

Dieses Bild ist so herrlich ungelenk wie sein Gegenstand! Eine Absage an Eleganz. Eine Absage an Getue! In der Tat ist die Korrespondenz zwischen den Eigenschaften des Absperrgitters und den Eigenschaften der Fotografie selbst sehr spannend. Man braucht eine Weile, um zu verstehen, wieso das eine der vier Beine des Absperrgitters den Boden nicht berührt – und ist sich am Ende immer noch nicht ganz sicher. Außerdem wirkt es, als sei zusätzlich die Kamera auch noch etwas schief gehalten worden. Und der Anschnitt: BEINAHE ist das Gitter in ganzer Größe abgebildet. Aber dann ist doch noch die obere Strebe abgeschnitten worden – recht so – und am oberen Bildrand knubbelt sich jetzt das verknotete Flatterband. Wie das Bild eines komischen Tiers, das so  hässlich ist, dass man es gar nicht ganz anschauen mag.

von Alex

Hin und wieder geschieht es, dass das Bild eines Schattens mich ganz eindringlich an jene grauenerregenden Fotografien aus Hiroshima und Nagasaki erinnert, die dokumentieren, wie die Umrisse von Menschen und Dingen im Atomblitz in Häuserwände eingebrannt wurden. Dieses Bild hier wirkt wie eine Anspielung an jene Bilder und berührt mich. Ich frage mich, was der Grund dafür ist, dass manche Schattenbilder diesen Eindruck hervorrufen und andere nicht. Ich habe ein Idee: Dieser Schatten hier wirkt sehr wenig verzerrt. Deswegen kann die Sonne nicht hoch sondern muss tief gestanden haben – genau wie die Atombombe ja nahe am Erdboden gezündet wurde. Gleichzeitig aber haben wir keine erkennbare abendliche Lichtstimmung. Mehr fällt mir nicht ein!

Wenn ihr Euch die Ecke oben links einmal wegdenkt, merkt Ihr, wie wichtig sie ist. Ohne diese ungeordnete, formell etwas aus dem Ruder gelaufene Ecke, wirkt das Bild wie eine ästhetische Studie. Die Ecke erst erzeugt den Eindruck, es mit einer beiläufigen ungekünstelten Szene zu tun zu haben, und das erzeugt genaugenommen ein gewisses Unbehagen!

von Klaus

Ein stimmungsvolles Stadtpanorama. Bevor mich wieder jemand anderes dabei ertappt, möchte ich mich hiermit lieber gleich selbst meiner Vorliebe für Gegenlichtaufnahmen bezichtigen. CITYs A JUNGLE WHERE THE STRONGEST SURVIVE! (10cc). Durch das gleißende Sonnenlicht auf der nassen Fahrbahn wirkt der „Zubringer“ wie der Amazonas, der sich durch den tropischen Regenwald Brasiliens wälzt, und erzeugt tatsächlich diese recht ergiebige Metapher: Großstadt = Urwald = Großstadtdschungel. (Deswegen brauchen die Großstadtmenschen ja auch SUVs!!!)

von Markus G.

Nähe und Ferne so schön zusammengebracht! Die feine Oberflächenstruktur der Säule und der Blick Richtung Andromeda-Galaxie.

Mal wieder eine meiner geliebten Postkarten-Persiflagen! Das Persiflagenhafte wird vor allem durch das Pärchen im Mittelgrund getragen. Das ist ein Archetypus, der in Malerei und Fotografie vielfach anzutreffen ist. Dazu imposante Architektur und eine ganz schöne, gediegene Komposition und natürlich der Kolossale Dom im Fluchtpunkt der Aufnahme. Aber wie immer gibt es Störungen des Archetypus, die uns aufhorchen lassen! Der schwarze Balken oben im Bild ist etwas zu präsent, eine dusselige Strippe geht durchs Bild und der Abfall aber mehr noch die Pfützen stören die traute Harmonie!

von Susanne

von Evelyn

Ich stelle meinen Monitor auf volle Helligkeit und setze meine Lesebrille auf.
Ich bin normalerweise kein Freund rein malerischer Fotografie. Es ist verhältnismäßig einfach, malerisch zu fotografieren, rein abstrakte Fotos zu machen, die einen ästhetischen Reiz haben. Vielleicht ZU einfach. Es reicht, die Kamera zu bewegen, unscharf zu stellen, und ... voilá, fertig ist die malerische Fotografie.

Hier aber habe ich die Balance, die eine abstrakte, malerische Fotografie im günstigsten Falle hat: Das Bild ist zunächst REINE Stimmung. Kompromisslos auf den Punkt gebracht. Es ist einfach NUR düster, völker- und kulturübergreifend düster! Doch dann entdecken wir die wirkliche Welt: Putz! Und wir entdecken, dass der Helligkeitsverlauf und vor allem die Unregelmäßigkeiten im Helligkeitsverlauf, die wir zunächst eher als ästhetische Erscheinung wahrgenommen haben, in Wirklichkeit ganz konkrete Spuren sind, die auf lebendige Handlungen zurückzuführen sein müssen. Das ganze Bild wird geerdet, in unserer Welt - was auch immer es ist, ES BEKOMMT ETWAS MIT UNS ZU TUN! Das ist der Reiz!

Was die Nacht so kann! Ich finde es faszinierend, wie diese Stütze IM NICHTS verschwindet. Wieder so eine treffende Metapher dafür, dass unsere technischen Errungenschaften oftmals Dimensionen erreichen, die wir gar nicht mehr überblicken können.

von Susanne

von Annette

Wir sehen einen Ausschnitt von Großstadt. Von Annette als Ausschnitt angelegt. Und wir haben das Gefühl, über, unter und rechts und links von diesem Ausschnitt geht es endlos genau so weiter!

von Markus H.

Ok, das „Firmenlogo“ ist etwas zu offensichtlich, aber in diesem Bild wird ein sehr interessantes Kulturphänomen thematisiert – nämlich die Fitness, und dass sie in die Städte gehört, wo Menschen 12 Stunden am Tag am Schreibtisch sitzen und nicht wissen, wie frische Luft riecht und doch von einem stählernen Body träumen, um eine NOCH bessere Performance vor Gericht zu erzielen und noch besser ihre permanente Überforderung auszuhalten. Sorry, dass ich mich echauffierte!

von Uschi

Das ist nun eigentlich schon keine Architekturaufnahme mehr - sondern mehr. Sehr spannend, wie Du hier den Baukörper in die Umgebung eingebettet hast.

Das ist kein schönes Bild, nein nein nein! Ich würde hier sogar wieder diesen Begriff anwenden wollen, den ich neulich Eurer geschätzten Aufmerksamkeit anempfohlen habe: Dekonstruktivismus. Dieses Bild enttäuscht uns nicht nur, ES FRUSTRIERT UNS! Wir lassen unsere Augen über das Bild wandern und werden nicht fündig! Unser Blick wird immer wieder auf‘s Neue durch diese sehr prägnante Kreisform angezogen, die sich überdies an prominenter Stelle befindet. Aber der Baum ist unscharf! Wie gemein ist das denn! Kurz bevor wir entnervt aufgeben, entdecken wir den Strauch im Vordergrund – DER IST SCHARF! Endlich! ABER WIESO? Er hat so wenig zu bieten! Dieses Missverhältnis bleibt ungeklärt – und zieht uns in seinen Bann. Ein wirklich anstrengendes aber gutes Bild!

von Ines

Dieses Bild ist an sich nichts vollkommen Neues. Aber es ist sehr gut gemacht. Wir blicken zunächst auf eine überaus verwirrende Struktur. Dann entdecken wir langsam, und ohne uns abschließend wirklich sicher sein zu können, dass diese verwirrende Struktur Teil einer symmetrischen, geordneten großen Konstruktion ist. Was eine philosophische Grund-Fragestellung berührt: Ob der Mensch an einem Punkt angelangt ist, dass er Dinge schafft, die er nicht mehr verstehen kann. Die ihm deswegen auch, kaum dass er sie vollendet hat, fremd sind. Dafür ist das Bild eine Metapher.

von Evelyn

von Renate

Für dieses Bild gibt es einen dicken Humorpunkt! Gut, wenn sich etwas Gewohntes in einer unerwarteten Form zeigt, schauen wir hin. So weit, so erwartbar. Aber wenn wir hinschauen, schauen wir auch hin und nicht halb daran vorbei. Hat Renate hier die Diagonale in dem geneigten Pfosten entdeckt? Vielleicht, und es wäre witzig, dann hier die Diagonale als Kompositionselement zu verwerten, denn selbstverständlich ist nicht die Neigung das Entscheidende sondern die Abweichung von der Norm. Außerdem ragt der schiefe Posten nun außerordentlich bedeutungsvoll mitten in die Gruppe der vier Metallsäulen im Mittelgrund. Doch schon bald merken wir, dass diese beiden Bildgegenstände durch absolut keine tiefere Bedeutung verbunden sind. Es geht eben nur um den Pfosten. Und schließlich - das kann ich Euch leider nicht ersparen - werden wir das Gefühl nicht los, hier mit Spurenelementen einer leicht versauten Metaphorik konfrontiert zu werden! :-) Aber auch das bleibt nur so ein vages Gefühl! In solchen Fällen schätzen wir den Präsenzunterricht, wo die Künstlerin uns nun sofort über ihre Motive aufklären würde!

von Uschi

Dieses Bild hat gleichzeitig etwas vollkommen Beiläufiges und etwas Bedeutungsvolles. Nun - das Bild ist, glaube ich, nicht schwer zu entschlüsseln: Elektrisches Warmluft-Gebläse wurde in Stellung gebracht, um ggf. Person, die auf dem roten Stuhl sitzt, zu wärmen. Es entsteht eine sehr starke Beziehung zwischen dem Stuhl und dem Gebläse. Auch durch die Farben hervorgerufen, aber nicht nur. Und obwohl diese beiden Gegenstände zwingend zueinander zu gehören scheinen, spüren wir deutlich das Fehlen des Menschen, der auf dem Stuhl sitzen soll, dem eigentlich die Wärme des Gebläses zugedacht ist. Eigentlich eine stille aber vernehmliche Dramatik: JEMAND FEHLT! Hinter dieser dramatischen Szene dann das überwältigend banale Baustellen-Lager, der Bauzaun, links die beiläufig angeschnittene Ecke von ich-weiß-nicht-was. Und noch etwas: EIGENTLICH müsste die Hauptszene (Stuhl trifft auf Heißluftgebläse) in der Mitte des Bildes sein. Denn wieso sollte ich knapp an dem vorbei schauen, was mich eigentlich interessiert? Auch hier werden unsere Erwartungen enttäuscht - zugunsten eines belebenden Überraschungsmoments. Außerdem wird dadurch die Beiläufigkeit, das vermeintlich Absichtslose der Aufnahme betont!

Von den Architekturaufnahmen aus diesem Konvolut mag ich diese hier am liebsten. Wegen der stürzenden Linien würde ich diese Aufnahme nicht als typische Architekturaufnahme bezeichnen. Der Architekt hätte das wahrscheinlich lieber etwas aufgeräumter gehabt. Mehr noch: Ich finde diese Aufnahme formuliert der Architektur gegenüber eine Kritik. Wir sehen eine wirklich bombastische Architektur, natürlich durch Perspektive und stürzende Linien verstärkt. Wir sehen diese monumentale Glasfassade, und durch die monumentale Glasfassade sehen wir eine monumentale ... TREPPE. Und was kann man mit einer Treppe schon anfangen? Es vermittelt sich hier etwas Verschwenderisches, auch etwas Entlarvendes.

von Jörg

Die Komposition ist nicht falsch, aber sie ist naheliegend und deshalb vorhersehbar. Aber direkt hinter dem Schick dieser architektonischen Gestaltung, sehen wir den Verschleiß, der an ihr nagt. Und gerade weil die Komposition des Bildes der Architektur so brav folgt, wirkt der Verschleiß umso bedrohlicher!

von Annette

von Uschi

Ich finde, Dir sind ein paar sehr schöne Aufnahmen architektonischer Details gelungen. Gut komponiert, spannend, aber trotzdem illustrativ und bezüglich ihrer Funktion aussagekräftig.

von Alex

Anarchie pur. Hier werden unsere Erwartungen so gründlich enttäuscht, dass es nur so eine Freude ist!

von Susann

Also, das ist absurd! Dass die Flucht der oberen Hausecken, die wir in der Spiegelung sehen, genau der Neigung der Treppe folgt, die wir DURCH die Scheibe sehen ... - das hat der liebe Gott ja fein eingerichtet! Und doch ein sehr eindrückliches, stimmungsvolles, berührendes Bild! In dem Gott gleich noch eine zweite Rolle spielt, by the way, denn wir sehen ihm ja direkt hinter unseren lächerlichen irdischen Bauten in die Augen!

Einige von Euch haben unter diesen Bögen und Stützen den Blick nach oben gerichtet. Ein paar von Euch haben davon symmetrische Aufnahmen gemacht, die sehr übersichtlich und transparent ein konstruktives Detail des Bauwerks darstellen. Hier ist es anders. Die Konstruktion des Bauwerks wird hier fast eher verschleiert, erscheint uns chaotisch und unübersichtlich. Auch das ist ein Weg, und es ist ein Statement zur Architektur. Sehr schön – und passend zum Chaos, das wir hier sehen – ist hier, wie Bauwerk und Himmel um die Vorherrschaft im Bild kämpfen

von Jörg

Wir müssen einmal ein Buch über Schatten machen. Da sind so viele gute Bilder zusammengekommen in den letzten Semestern. Hier, ganz einfach: Ich blicke auf diesen Gegenstand. Er liegt direkt vor meiner Nase. Aber seine Gestalt erkenne ich erst in seinem Schatten!

von Klaus

Dass ich kein Freund von Spiegelungen bin, ist ja allseits bekannt. Aber so wie hier kann man es machen. Da die Spiegelung nicht allzu offensichtlich ist, dient sie eher dazu, diesen Eindruck von HÄUSERMEER zu verstärken. (So, wie Gursky ja auch oft irgendeine Struktur per Fotoshop multipliziert, um den Eindruck von MASSENHAFTIGKEIT zu verstärken.) Außerdem erwarten wir eigentlich, dass sich das Bild entlang der Fensterstrebe spiegelt - das tut es aber nicht! So haben wir noch etwas, über das wir rätseln können - und das lieben wir ja!

Köln-Deutz, Lanxess-Arena, im Februar 2022