Niehler Hafen

Dieses Bild beschreibt sehr facettenreich auf einer metaphorischen Ebene einen ganz ganz wichtigen Aspekt unseres gesellschaftlichen Lebens: die Warenwelt / den Warenstrom / den Warenaustausch. Wir sind hier auch schon wieder ganz nah an Andreas Gursky dran, der dieses Thema (er sprach in einem Interview von "Warenfetischismus") in seiner Arbeit auch ganz vorrangig behandelt.


Die Container bilden hier einen Tsunami. Ein Tsunami taucht beinahe aus dem Nichts auf und rollt unaufhaltsam über alles und jedes hinweg. In diesem Fall rollt der Tsunami über die Natur hinweg oder über unseren Planeten. Merkwürdigerweise ist ja unsere Warenwelt einerseits etwas eindeutig von uns Geschaffenes, und trotzdem kann man auch sagen, dass wir diese Warenwelt nicht mehr wirklich vollständig unter Kontrolle haben. Sie hat sich verselbständigt. Wie ein Tsunami, der sich nach einem initialen Impuls auf den Weg macht und ohne weitere Energiezufuhr unaufhaltsam weiter rollt. Gursky würde sich freuen! Und ich freue mich auch über dieses Bild. Eine ganz fein gestrickte Metapher!

von Jörg

Reden wir gar nicht davon, dass es an Spielbergs "Krieg der Welten" erinnert.

Der Himmel ist fantastisch. Er scheint gar nicht zu dem Bild zu gehören! Wie einem Stadtpanorama von Florenz entnommen und dann über den Niehler Hafen gepappt. Dadurch nimmt dieses Bild Bezug auf eine ästhetische Tradition. Das macht es natürlich schon ganz schön spannend.


An diesem Bild könnt Ihr auch wunderbar erkennen, wie entscheidend Firmennamen und Produktbezeichnungen und dergleichen Einfluss auf ein Bild nehmen. Stellt Euch einmal vor, an dem Arm dieses Krans würde SIEMENS prangen oder an dem Betonteil im Vordergrund ein 25B-327 oder was in der Art. Sofort sind solche Objekte als Projektionsfläche vollkommen eingeschränkt. So aber wie es hier ist, kann unsere Vorstellung alles mit ihnen machen.

LKW - Alex

Ja, wenn Mondrian Fotograf gewesen wäre. Sehr schön, wie hier diese unterschiedlichen Elemente sparsam auf der Fläche zusammengebracht wurden. Da die Kamera sich auf  Höhe der Oberkante des Fahrgestells befindet, entsteht hier ein Schnitt, als ob das Gebäude dahinter hier ausgeschnitten worden wäre.

Das Bild kommt recht unscheinbar daher, aber dann erschließen sich ein paar ganz wichtige Details. Die Form wiederholt sich drei Mal. Die, die im Vordergrund steht, hat diese "Abnutzungserscheinung", die nicht zu übersehen ist. Das Geländer wirkt dadurch so ausgeliefert / preisgegeben. Und bekommt etwas Figürliches!

von Uschi

So ein Bild hat man schon gesehen, trotzdem: Es ist einfach sehr konsequent gelöst. Jenseits dieses Technik / Natur Themas lebt das Bild von einer perspektivischen Irritation, die uns aufmerken lässt. Der Bogen in der Mitte scheint einen anderen Fluchtpunkt nahezulegen als die vertikalen Streben an den Seiten.

Himmelsleiter - Evelyn

von Uschi

Das Bild hat Witz und Tiefgang! Gibt es etwas grobschlächtigeres als verrosteten Armierungsstahl? Wir alle kennen ihn und sehen ihn jedesmal wenn wir an einer Baustelle vorübergehen. Witzig ist hier, dass er zu einem absolut perfekten Bogen geformt wurde. Dieser Bogen hat etwas geradezu Liebliches, das mit dem grobschlächtigen Armierungsstahl in starkem Kontrast steht. Außerdem symbolisiert der Bogen Wohnliches / ein Dach über dem Kopf. Aber er prangt inmittten dieses Warenumschlagplatzes, wo es nichts Wohnliches gibt.

von Renate

Sehr schön. Schön auch, dass wir hier wieder ZWEI Strukturen haben, eine Makro- und eine Mikro-Struktur. Das macht es natürlich spannender. Allerdings müssen wir auch zugeben, dass das Motiv selbst sehr beredt ist. Da musste Renate nicht mehr viel machen.

Silos - Alex

Habe ich beim ersten Durchgang drüber hinweg gesehen. Auch hier wieder - genau wie bei meinem Favoriten aus Jörgs Einsendung - sieht man, wie wichtig es ist, dass dieses ... DING ... keine Aufschrift trägt, keinen banalen Hinweis auf einen Hersteller oder ein Bedürfnis, auf sich aufmerksam zu machen.
Es wird so von allem Banalen befreit und wird zu einem generellen, übergeordneten Hinweis auf menschliches Sein und Tun. Dabei ist es gar nicht wichtig zu wissen, dass es Silos sind - alleine die Größe, das Massenhafte, die Art und Weise wie es dort hingepflanzt wurde, die ganze BEDEUTUNG, die es zu haben scheint, verraten so viel über das menschliche Streben. So wie es fotografiert wurde, gewinnt es tatsächlich symbolische Strahlkraft.

Ich weiß einmal ausnahmsweise nicht, was dieses Bild bedeuten soll, aber es ist atemberaubend schön. Ein Augenschmaus im wahrsten Sinne des Wortes.

von Susann

An diesem Bild mag ich die nüchterne Konsequenz. Solche Durchblicke werden gern gemacht. Dieser hier ist sehr konsequent gemacht. Es lebt natürlich von der räumlichen Irritation. Der Materialmix ist auch ansprechend.

von Susann

von Ines

Wir haben das so oder so ähnlich schon gesehen, aber hier sind die Helligkeits- und die Schärfeverläufe alle so schön gegenläufig, dass ein spannender räumlicher Effekt entsteht.

Wir sehen dieses Bild nicht zum ersten Mal: Straßenlaterne vor Himmel. Und diesen amerikanische-Road-Fotografie-Himmel auch nicht. Aber hier gibt es leichte Abweichungen, die das Bild spannend machen. Die Position der Laterne ist etwas ungewöhnlich, sie sitzt verhältnismäßig tief im Bild. Auch bringt die zweite Laterne ein wenig Zerstreuung ins Bild.

von Jörg

Der erste Gedanke ist "Ferne". Dann sieht man, dass die Häuser und der Funkturm dahinter ganz weit auseinader liegen. Aufeinmal wirken die Häuser so erreichbar, der Funkturm aber, der wirkt unerreichbar, wie aus einer anderen Welt.

verbaut - Evelyn

Hier sehen wir recht anschaulich, dass der Niehler Hafen schon vollständig in chinesischen Händen ist. :-)

von Renate

Schön fotografiert. Die Komposition überrascht, ist nicht naheliegend. Schön geheimnisvoll, eindeutig uneindeutig, sinnlich.

schwarzes Loch - Alex

von Renate

Die meisten von Euch haben am Niehler Hafen unter anderem "Technik" fotografiert. Das fasziniert natürlich. Wahrscheinlich alleine schon die schiere Größe dieser Geräte. Dieses Bild finde ich eine sehr gelungene Aufnahme von Technik. Es ist eine spannende Gratwanderung zwischen einer neutralen und einer suggestiven Darstellung entstanden. Zunächst denkt man, das ist eine neutrale Darstellung. Aber das stimmt nicht. Die Größenverhältnisse sind relativ unklar. Der  Ausschnitt ist spannend gewählt und natürlich verantwortlich für die unklaren Größenverhältnisse. Dann bemerkt man noch, dass der Himmel nur scheinbar gleichmäßig ist, und außerdem scheint die Sonne, und es entstehen tatsächlich Schatten auf den dunklen Metallrohren. Ich finde, dass dieses Bild ganz schön das "abgehobene" / "entrückte" von Technik illustriert. Diese Technik ist ja "im Himmel" (= göttlich). Und genauso wenig, wie der Mensch das Göttliche versteht, versteht er die Technik, die ihn umgibt. Sie ist zu kompliziert geworden, zu entrückt. Das war zu den Zeiten Fred Feuersteins noch anders. Heute verstehen nur noch Spezialisten, wie die Technik funktioniert, die uns umgibt.

von Susann

Das Bild hat die Monumentalität alter Landschaftsgemälde. Und diese Stilistik ist in unsere Zeit transponiert. Es ist natürlich ein "Kulturlandschaftsgemälde". Oder noch besser: ein "Industrielandschaftsgemälde". Dieser stilistische Bezug ist spannend. Und gleichzeitig sagt es tatsächlich viel über unsere Gesellschaft und die Art und Weise wie wir unsere Umwelt gestaltet haben. Witzigerweise ist ja der Inhalt vieler klassischer Landschaftsgemälde die Sehnsucht nach Natur. Nun haben wir hier die gleiche Stilistik, den gleichen Blick, ABER DIE NATUR IST WEG! Sie ist durch Industrie ersetzt worden.

Das Bild ist witzig. Ich muss sofort an Marcel Duchamp denken, dem nachgesagt wird, die Moderne eingeläutet zu haben mit seinen "Objets Trouvées", vorgefundenen Alltagsgegenständen, die er zu Kunstwerken erhoben hat.

von Jörg

Das hätte man von der Belichtung her bestimmt anders lösen können. Mutig, dass er die Schatten hier hat zulaufen lassen. So entsteht so eine sehr eindringliche Unterwelt-Anmutung, die natürlich trefflich zu den gleißenden Paletten Koks im Vordergrund passt.

Ein stilles Bild, ein Bild auf den zweiten Blick. Das Besondere an diesem Bild ist, dass es einen Hauptakteur gibt, der aber nicht im Mittelpunkt steht. Unser erster Gedanke ist ja: "Stock". Aber warum ist der Stock nicht in der Bildmitte? Wenn uns etwas interessiert, dann schauen wir ja auch nicht knapp daran vorbei! In der Bildmitte ist aber auch etwas! Da gibt es so eine zart angedeutete Fläche eines rotbraunen Unkrauts. Und da gibt es einen Schatten, der, genau parallel zu dem Stock, durch die Bildmitte geht. Und plötzlich wird der Stock zur Nebensache.

liegen geblieben - Evelyn

Das Bild zeigt deutlich, was Dich möglicherweise auch am meisten interessiert hat: Wie die Birke sich an diesem unwirtlichen Ort behauptet.

von Uschi

Das Bild hat mich an diesen Klassiker der Kunstgeschichte erinnert.
Ok, ein bisschen weit hergeholt. Zumindest sitzen die Jungs jetzt im Knast!