Hohe Straße

von Jörg

Das Bild ist nicht schön. Das Bild ist nicht scharf. Aber dieses Bild kommt vollkommen unerwartet. Es ist ein wenig mysteriös. Ein bisschen beängstigend. Außerdem wirkt es, als gehöre es eigentlich in einen Film. Eine schöne Verfolgungsjagd durch die Innenstadt von Paris. Ist ja auch ein Citroen. Aber was hat er denn auch dort verloren? In dieser Passage? Und äußerst mysteriös ist außerdem, wie das Fahrzeug angeschnitten wurde. Wieso können wir den Fahrer oder die Fahrerin nicht sehen? So wird es zu einer irgendwie gesichtslosen Bedrohung. Ein sehr abseitiges Bild.

von Susann

Ein unergründliches Bild. Zunächst haben wir ja wieder gestaltete Objekte im Bild. Das ist schwierig, aber sie wurden in einer Weise angeschnitten, die sie auf ein allgemeines, universellen Niveau hebt. Aber es gibt noch eine weitere dezidierte Gestaltung, die der Künstlerin ins Handwerk pfuscht: Das Schaufenster selbst ist ja auch eine Inszenierung, und die Farbe, die so bestimmend für das Bild ist, entspringt ja der Schaufenstergestaltung. Und doch: Wir haben diese ganz entschieden großbürgerlichen, weiblichen von Reichtum zeugenden Insignien im Bild, wir haben die Stadt, und wir haben diesen Hello-Kitty-Schleier, der sich über alles legt. Man weiß gar nicht, in welche Richtung man seine Gedanken und Gefühle auf den Weg schicken soll!

Roller - Nicol

Ich kenne Nicol als experimentierfreudige Fotografin, und hier ist wieder ein Beispiel dafür. Kunst hat ja etwas mit „künstlich“ zu tun. Nicht immer, aber öfter, als wir meinen. Wir formen die sichtbare Realität gemäß unserer Vision in eine andere Realität um, eine künstliche Realität, die allein in unseren Gedanken entstanden ist. Das geschieht zwar eigentlich bei jedem guten Bild, aber sobald wir als Fotografinnen und Fotografen den Boden der standardisierten, abbildenden fotografischen Technik verlassen, wird es einfach deutlicher. Wie hier! Es tut gut, sich einmal von der abbildenden fotografischen Technik zu entfernen und jene andere Realität ins Auge zu fassen. Wir sehen eine Traumwelt. Und was das Verrückteste ist: Plötzlich wird sogar der Dom erträglich, ist nicht mehr Deutschlands abgegriffenstes Touristen-Motiv sondern eine Fata Morgana aus Tausendundeiner Nacht.

Schaufenster - Cornelia

Dieses Bild besticht dadurch, dass es ohne jeden Kompromiss unangenehm ist. Die Einrichtung allein jagt einem schon den kalten Grusel über den Rücken, der undefinierbare Rotz auf der Scheibe erledigt den Rest.

von Renate

Das Bild hat etwas unerwartet unentschiedenes, das mich überrascht und herausfordert. NORMALERWEISE würde dieses Bild einen Weg thematisieren, der sich in der Ferne verliert. Das Bild selbst legt es nahe.  Aber zum ersten wurden schon mal die beiden parallel verlaufenden Bahnen nicht in die Mitte des Bildes gelegt. Es wurde auch nicht EINE der beiden Bahnen in der Mitte positioniert. Im Gegenteil: Gemessen am Bildgegenstand wurde eine ganz erstaunliche Asymmetrie gefunden und hergestellt.  Das Muster scheint ebenfalls nicht ganz regelmäßig zu sein, und kurz vor dem Knick oben im Bild scheint es von einem Flickwerk im Pflaster unterbrochen zu sein. Außerdem legt das Bild nahe, dass es einen Fokus auf die Richtungsänderung des Weges gibt. Das wäre zwar irgendwie pathetisch aber verständlich. Aber Renate legt die Schärfe in die Mitte des Bildes und lässt den erwarteten Gegenstand der Aufmerksamkeit im Nebel der Unschärfe versuppen. Gefällt mir!

Dieses Bild finde ich witzig und frech. Die Bank ist ja nun wirklich sehr klobig! Aber gleichzeitig ist das Bild selbst auch klobig! Klobig komponiert. Es ist so eine erfrischende Leck-mich-am-Arsch-Komposition.

abgeschaltet - Evelyn

Ja, ist es nicht zutiefst frappierend, wie viel philosophische Sprengkraft dieses ausgestöpselte Kabel besitzt? Bestimmt mehr als vor 30 Jahren! Mir ist sofort Boris Becker eingefallen als Protagonist der Telekom-Werbung für den Internet-Zugang: „Ich bin drin!“. Genialer Marketing-Schachzug. Entweder man ist drin. Oder man ist draußen. Und „drin“, das war - und ist, materiell betrachtet - tatsächlich eine Frage auch von Kabeln. Haben wir nicht alle das Gefühl, dass wir, wenn wir online nicht existieren, GAR NICHT existieren? Für mich steckt all dies in diesem Bild. Metapher für TOD. Und Evelyns Verdienst besteht darin, dieses Kabel, diesen so unansehnlichen und für sich genommen grund-uninteressanten Gegenstand ebenso unaufgeregt wie direkt in den Mittelpunkt gestellt zu haben, dass es all diese Assoziationen so mühelos in Gang setzt. Wenn ich mir das Kabel genau ansehe, dann hat es eher diese runden Stecker von Netzteilen, ist also eher Teil  des Stromnetzes als Teil des Internets, aber „ausgestöpseltes Kabel“ funktioniert absolut zuverlässig als Metapher für „Ende der Existenz“ - dem 21. Jahrhundert sei Dank!

von Uschi

Für mich als berufsmäßiger Gucker ist es natürlich als erstes eine sportliche Herausforderung, der ich mich mit Vergnügen hingebe: Ist es der gleiche Baum oder ist es ein anderer? Es ist natürlich ein anderer, aber das Bild scheint ja eindeutige Hinweise dafür „auslegen“ zu wollen, dass es der gleiche Baum ist. Was bleibt übrig, nachdem wir diese getürkten Beweismittel entlarvt haben? Das Bild ist ganz und gar ungelenk komponiert. Es lebt tatsächlich nur von der Beziehung zwischen den beiden Baumstämmen - welche auch immer das sein mag. Da diese Beziehung aber nicht abschließend und/oder sinnstiftend aufgelöst wird, bleibt eigentlich ein recht gleichgültiger dokumentarischer / abbildender Charakter im Vordergrund stehen. Und doch ... - dieser Blick in das andere Universum ...  - wo die Sonne scheint ...

Wer bin ich? - Alex

Ein Selfie. Mir gefällt, dass das ein dreifach verschachteltes Bild im Bild ist, und im letzten dieser Bilder finden wir eine Person. Und diese Konstellation, die Person am Ende (oder am Boden) dieser Verschachtelungen zu finden, so zusammengeknautscht inmitten der ganzen Weite der anderen Ebenen dieser Bühne, das illustriert tatsächlich auf einer formalen Ebene die Frage nach Identität. Sehr schön.

von Annette

Ich singe mit The Police: Spirits in The Material World! Na schön, der Zauber liegt auf der Hand: Licht unbekannter Provenienz und Gestalt. An einem Ort, der so gar nicht nach ERLEUCHTUNG (Ha!) aussieht. Und dabei spielt der Kanaldeckel auch eine tragende Rolle. Obwohl: Täusche ich mich, oder ist das nicht schon wieder die Fassade des Kolumba? Irgendwie sieht es nach einer Spiegelung des Sonnenlichts in einem gegenüber liegenden Fenster aus. Wenn ich mir das Bild als Thumbnail anschaue, kommt - natürlich weil es kleiner und dadurch KONZENTRIERTER ist - eine Form viel stärker zum Ausdruck, was ganz schön ist. Aber auch als unspezifischer GEIST, gibt das Licht eine prima Figur ab.

von Ines

Es kommt mir so vor, als hätten wir gerade in den letzten Tagen, vielleicht Wochen, besonders viel über Schatten gesprochen, uns sozusagen die philosophische Tragweite von SCHATTEN in ganz verschiedenen Facetten vor Augen geführt. Und hier: SCHON WIEDER! Doch wieder ist es ein neuer Aspekt der fasziniert. Nämlich dass der Schatten, der ja eigentlich etwas Immaterielles ist, hier in diesem Bild, etwas Materielles AUSLÖSCHT. Faszinierend!

Ich finde, das Bild legt einen interessanten Gedanken nahe, nämlich, dass DAS GROSSTÄDTISCHE, mit allem, was dazugehört, MENSCHENGEMACHT ist - gerade die Grafittis legen davon ein Zeugnis ab - und doch den Menschen bedrängt.

nicht springen - Evelyn

Das ist doch alles die Begrünung vom WDR, oder? Auch dieses Bild finde ich sehr gelungen. Ich bin ständig versucht, in den feinen Strukturen einen eigentlich viel größeren Baum zu sehen. Die Pflanze entwickelt einen eigenen Kosmos.

von Susanne

Was an diesem Bild auf den ersten Blick besticht, das ist die unglaublich fein differenzierte räumliche Staffelung, die wir hier zu sehen bekommen - und zwar gleichermaßen auf der Ebene des „primären“ Raumes, den wir sehen, wie auf der Ebene der Spiegelung in der Glasscheibe. Zwischen dem Türknauf im Vordergrund und dem Himmel auf der Spiegelung ganz im Hintergrund zähle ich 6 weitere mehr oder weniger deutlich voneinander abgegrenzte räumliche Ebenen, zwischen denen man ganz wunderbar hin und her wandern kann. Des weiteren sehen wir das Thema STADT in diesem Bild in vielen Details. Deshalb - und nur deshalb! - können wir auch den FedEx-Wagen verzeihen - und zum Glück ist der Schriftzug beherzt angeschnitten: Er steht natürlich für das schnelle Leben der Großstadt, auch wenn die Zustellungen manchmal länger brauchen, als die Bewegungsunschärfe vermuten lässt.
Und jetzt kommen wir zum Hinkefuß - der sich allerdings in diesem Bild als recht behende herausstellt: Der Abschluss links. Der Bildrand ist quasi identisch mit dem Rand der Tür. Das ist normalerweise absolut strengstens verboten, weil wir natürlich die Fiktion, die ein Bild ja ist, zerstören, wenigstens banalisieren, weil wir einen überdeutlichen Hinweis auf die rein physikalische, materielle (und damit BEGRENZTE) Beschaffenheit unserer Fotografie hinterlassen. Aber auf diesem Bild, finde ich, passiert gerade dadurch etwas ganz zauberhaftes: Das Foto ist nicht BILD einer Tür zu einer anderen Realität, das Foto (und die Fotografie im Allgemeinen!) wird hier durch dieses Meta-Ebenen-Sperenzchen SELBST zur Tür zu einer anderen Realität gemacht. Der Türgriff gehört nicht mehr zur Tür - ER GEHÖRT ZUR FOTOGRAFIE!!!

Lockdown 9 - Cornelia

Ich habe im letzten Jahr sehr, sehr, sehr viele durch eine Glasscheibe fotografierte Interieurs wegen Lockdowns geschlossener gastronomischer Betriebe gesehen. Unglaublich viele. Es gibt bei diesen Bildern eine Gefahr, die nicht selten zum Tragen kommt: Da diese Betriebe oft sehr gut ausgestattet und ansprechend gestaltet und obendrein im Lockdown auch noch sauber und aufgeräumt sind, geraten diese Bilder oft unversehens zu so einer Art Lifestyle-Bildern, wie man sie aus Magazinen zur Genüge kennt. Es scheint ihnen Leben und Echtheit zu fehlen. Hier ist das nicht passiert - das gefällt mir. Ich vermute, es liegt daran, dass wir diesen Stuhl mal von unten sehen, eine nicht nur ungewohnte - eine quasi verbotene Perspektive, ein verstohlener Blick. Was ich von der Schärfe halten soll, weiß ich eigentlich gar nicht so recht. Auch wenn der Stuhl ganz klar unser Point Of Interest ist, liegt die Schärfe auf dem Körbchen mit dem Einmachglas. Das ist auf jeden Fall merkwürdig. Verleiht dem Bild aber auch etwas wohltuend rotziges.

von Susann

Mal wieder Platons Höhle. Wenn der wüsste! Aber hier realisiert sich der Gedanke von Platons Höhle gleich doppelt. Nicht nur ist der Schatten von Etwas schon eine In-Frage-Stellung der tatsächlichen Existenz von diesem Etwas oder zumindest seiner tatsächlichen Gestalt und Beschaffenheit. Hier in diesem Bild ist der Schatten selbst quasi schon nur noch ein „Schatten seiner selbst“ (sic!), befindet sich in Auflösung. Eigentlich steht im Mittelpunkt des Bildes nur noch DIE PROJEKTIONSFLÄCHE AN SICH - die Wand. Von so viel philosophischem Input kriegen wir heftige Kopfschmerzen. Und flüchten sogleich in die Kontemplation der malerischen Aspekte dieser Fotografie, welche diese Kontemplation gottlob durchaus zulassen. Puh!

von Susanne

Wie schön geheimnisvoll dieses Bild ist. Das Licht. Die verschiedenen räumlichen Ebenen.

Karawane - Alex

Ist auch echt süß. Obwohl das doch SCHON WIEDER die Fassade vom Kolumba ist, oder?

Bild 8 - Ines

Bild 9 - Ines


Bild 8 ist eigentlich nur die Detailaufnehme einer Trittleiter. Vergleichen wir Bild 9 und Bild 10.: Bild 9 ist, verglichen mit Bild 10, banal. Die Körperhaltung der Figur rechts kommt uns bekannt und gewöhnlich vor. Bei Bild 10 aber, ist die Figur rechts vollkommen geheimnisvoll. Wir müssen sie erst einmal suchen, und sobald wir sie entdeckt haben, beginnt sie auch schon, uns Rätsel aufzugeben. Das ganze Bild ist ungewisser. Mein Favorit!

Bild 10 - Ines

von Susanne

Ja, dieses Bild hat stark plakative Elemente. Wir starren gebannt auf das SIZE?. Wir erwarten Sinn von diesem Schriftzug, vor allem wegen des Fragezeichens, weil es nahelegt, dass es etwas gibt in diesem Bild, das wir auf diese Feststellung hin überprüfen müssen -  doch es gibt keinen tieferen Sinn, der mit diesem Schriftzug verbunden ist. Er war halt da.
Es ist der Blick hinter die Kulissen, der hier so kongenial gelungen ist. Wir sehen auf beide Welten gleichermaßen, auf die funkelnde Scheinwelt und auf die schmutzige, hässliche Welt hinter den Kulissen, wo die Drecksarbeit verrichtet wird, die die Scheinwelt am Leben erhält. Wir sehen auf beide Welten, und wir können sehen, dass die Scheinwelt die Welt hinter den Kulissen nicht sehen kann, und dass man von hinter den Kulissen die Scheinwelt nicht sehen kann. Wir aber nehmen eine allwissende Perspektive ein.
Überraschend ist, wie elegant das Bild trotz dieser entzaubernden Implikationen bleibt.

Mars Attacks - Evelyn

Auch Evelyn hat Kunstwerke fotografiert - offensichtlich mit anderen als dokumentarischen Zielen. Ich werde ja nicht müde, darüber zu schimpfen :-). Aber, glaubt mir, ich überprüfe meinen Standpunkt immer wieder kritisch - gerade bei diesem Ziel, das Euch offenkundig besonders inspiriert hat, vorhandene Kunstwerke in Eure Bilder zu integrieren und meine Schelte in besonderem Maße herausgefordert hat.
„Mars Attacks" ist ja ein schönes Bild! Wir lieben es, es anzuschauen. Wir laben uns am Licht, an den Formen, am Kontrast, am Raum. Ich dachte mir: Wieso wieder meckern? Wieso nicht mal ein Auge zudrücken? Denn in der Tat: Evelyn macht mit ihrem Foto etwas Anderes aus dieser Skulptur. Der Künstler oder die Künstlerin hatte bestimmt diese Perspektive gar nicht vorgesehen - das Kunstwerk in seiner Wirkung auf andere Betrachtungsperspektiven hin ausgerichtet. Aber dann ist mir die Gretchen-Frage eingefallen: Die Prägnanz dieses Bildes, die ja ganz offenkundig gegeben ist: Wem oder was ist sie geschuldet? Ich denke, sie ist der Prägnanz des Kunstwerks geschuldet! Sorry!

Vorsicht: Kunst im Bild! Aber wenn ich der Bildhauer wäre, der diese ... ich denke, es ist eine Maria - geschaffen hat, dann würde ich mich über dieses Bild sehr freuen. Zu schön, wie die Skulptur im Kontext dieses Raums in Szene gesetzt wurde! So schön, dass man gar nicht merkt, dass man von der Maria genaugenommen gar nichts sieht!

Statue - Nicol

Ok, ja, es ist gefällig. ABER: Das Kirchenfenster ist so angeschnitten, dass sich das Gebäude oder die Architektur nicht vollständig in den Vordergrund spielen kann, stattdessen das Feld den Ästen und vor allem deren aberwitzigen Schatten überlässt.

von Uschi

Bild 7 - Renate

Bild 8 - Renate


Bild 7 finde ich besser! Durch den beherzteren Anschnitt werden diese Formen weitgehend aus ihrem Kontext genommen, werden etwas unergründlicher und wirken stärker.

Die Leuchtkugeln, die die Gemüter bewegten! Das hast Du sehr schön hinbekommen: Die Leuchtkugeln in ihren unterschiedlichen Aggregatszuständen! Und eine elegante Möglichkeit, die Hohe Straße ohne Menschen zu zeigen. Ich wette, das ist die Baustellen-Abgrenzung von Susannes Bild, und dahinter steht der Container!

Eigentlich ein Bild, vor dem ich normalerweise warnen würde. Die Inszenierung ist bereits geschehen. Wir können dem als Fotograf nicht mehr viel hinzufügen. Hier finde ich aber spannend, dass diese Inszenierung, die Anordnung - wahrscheinlich eher ungewollt - überaus sakral geraten ist. Und dann noch mit dem QR-Code in der Mitte, Sinnbild für das Digitale, im Zentrum des Kreuzes. Und dann die Wand, das Dunkelgrau, der Lampenschirm oben, das Gitter unten - wieder eine Anordnung als Kreuz in einem sehr sehr finsteren Setting. Web 2.0 goes Mittelalter!

von Jörg

An diesem Bild bin ich spontan kleben geblieben. Es kann eigentlich gar keine Bewegungsunschärfe sein, aber es sieht wie Bewegungsunschärfe aus, und die tut einfach mal gut. BEWEGUNG! Haben wir länger nicht gehabt. Die Abendstimmung: Letzte Sonnenstrahlen auf dem Turm der Kirche. Aber: Dieser Tisch vermiest mir die Laune. Verchromtes Tischbein, runde Marmorplatte - oder ist es doch eine laminierte Spanplatte? Hier haben wir wieder einen so penetrant deutlich gestalteten Gegenstand, der die Blicke auf sich zieht. Aber er sagt nichts!

Sehen und gesehen werden - Nicol

Ja, ja! Die Leuchtkugeln! Hier gefällt mir, dass dem Himmel so viel Raum gegeben wurde. Dadurch bekommen die Kugeln mehr und die Menschen weniger Gewicht. Ein bisschen wirkt es wie eine Invasion aus dem Weltall, ganz kurz bevor sie von den Menschen entdeckt wird.

von Renate

Ein gefälliges aber nicht billiges Bild. Es gibt einen Weg ins Licht, der eindeutig positiv konnotiert ist  Aber die Klebestreifen scheinen in eine andere Richtung zu deuten.

Lockdown 3- Cornelia

Ein Objet Trouvé! Aber was für eins! Hier hat die Zeit als Künstlerin die Hauptarbeit verrichtet, und Jörg hat in letzter Sekunde elegant abgestaubt. Aber die Skulptur, die hier entstanden ist, dieses Gespenst von einer Gestalt, der Grad der Verwitterung, die Balance zwischen Da-Sein und Verschwinden - das ist perfekt.

von Jörg

von Susann

Das Setting ist freilich richtig / zu schön. Viel Schmeichelei für‘s Auge. Aber es kommt durch die Schuhe auch deutlich ein erzählerischer, sozialer Aspekt zum Tragen, der dem Bild guttut. Aber leben tut das Bild natürlich von der Idee, dass der Schatten wichtiger ist als das Objekt, das ihn geworfen hat, der Abdruck wichtiger ist als seine reale Vorlage.

Bid 5 - Ines

Bid 4 - Ines

Ich fürchte, das muss auf Euch etwas kleinlich wirken, dass ich das Kolumba auf Euren Bildern nicht dulde, aber irgendwie komme ich tatsächlich nicht so richtig darüber hinweg. :-) Z.B. hier - Bild 5 finde ich noch viel besser - das sind sehr elegante Bilder, sind auch schön gesehen, aber wieder haben wir dieses fremde ästhetische Erzeugnis in ihnen. Seht es mir nach!

Bringt mich arg zum Schmunzeln. Ich kann mir nur wenige Dinge vorstellen, die ästhetisch und haptisch abstoßender sind als Kabelbinder und zerfetzter Baustellen-Sichtschutz in türkis. Und vergessen wir nicht den Bauzaun. Aber Uschi ist es gelungen, aus diesen Elementen ein absolut liebreizendes und überaus sentimentales Bild zu basteln. Wir sehen förmlich den Kunststofffetzen im Wind flattern wie ein aller-aller-letztes ADIEU!

von Uschi

Heute keine Post - Alex

Also, diese Klingelschilder ... - ich hoffe, ihr findet mich nicht allzu weinerlich, aber ich empfinde sie als ganz rührende Metapher für die tragische Ambivalenz von Individualität. Heutzutage stehen ja viele Klingelschilder in der Stadt tatsächlich nur noch für ein einziges Individuum. Mehr noch: Nicht nur für das Individuum sondern für sein intimstes Heiligtum: Die eigenen, heiligen vier Wände. Jede Suche nach einem Menschen muss hier enden, muss hierhin führen. Und das Klingelschild ist der äußere Ausdruck davon. Aber seine Form und Gestalt deutet eigentlich auf das genaue Gegenteil von Individualität hin: Dass wir zu ganz vielen in identischen Wohnungen in großen Häusern leben, wie Bienen in einer Wabe. Und wenn wir mit der Kamera genügend Abstand nehmen wollen, um das Klingelbrett vollständig abzubilden ... - dann sind unsere Namen schon so klein, dass man sie nicht mehr lesen kann. Und Tschüss! Ich finde das bewegend.

von Annette

Ahhh, meine Freunde, die Leuchtkugeln! Hier ist ganz schön die runde, organische Form der eckigen, schrillen Form gegenüber gestellt!

Köln-Innenstadt, im März 2021