An der Rösrather Straße in Rath

Eiers Rock - Ines

Hast Du ihn schon mal gesehen? Der sieht nämlich wirklich so aus! Das verrückte ist ja: Dieser Erdhügel ist ja ein Zufallsprodukt, wahrscheinlich ein Nebenprodukt von Bauarbeiten oder Kiesgewinnung oder sonstwas in der Art. Und obwohl er also quasi nicht existiert, hat er doch eine solche Präsenz (und dieses Foto macht das besonders gut deutlich) dass man sich vorstellen könnte, dass ein vielleicht etwas übereifriger Vermessungsingenieur ihn auf der nächsten Köln-Karte verzeichnet. (Mount Müller!) Irgendwie hat dieser Erdhaufen eine IDENTITÄT, oder?

Der Reiz dieses Bildes liegt darin, dass die Blätter, die der Baum verloren hat, und die jetzt in der Pfütze schwimmen, mit der Spiegelung des Baumes wieder verbunden sind, an der Spiegelung des Baumes zu hängen scheinen. Ein sehr schöner surrealistischer Effekt! Allerdings würde ich den Rat geben, eine dunklere Version dieses Bildes zu erstellen. Ich glaube, das würde diesen schönen Effekt besser in Szene setzen.

von Renate

von Evelyn

Eine feine Studie zum Thema Ordnung / Unordnung, will mir scheinen, aber ganz sicher bin ich mir nicht! Was können wir über dieses Bild sicher sagen? Es besitzt auf jeden Fall eine starke Magie. Wahrscheinlich kommt die Magie aber nur durch die Bäume zustande. Sie haben etwas von einem Hexenwald, wo leben und sterben eng verwoben sind. Noch stehen diese Bäume, aber wenn mich nicht alles Täuscht, hat das Efeu sie bereits abgetötet. Der wiederum scheint davon prächtig zu gedeihen.
Außerdem kann man sagen, dass Bäume und Container sich in diesem Bild inhaltlich und vor allem „figürlich“ stark verbinden. Als die Bäume zu wachsen begannen, hat es die Container noch nicht gegeben. Und doch scheinen sie ein ähnliches Quantum ihrer Lebenserwartung hinter sich gebracht zu haben - und dadurch verbunden zu sein. Sie haben das gleiche Leben an sich vorbeiziehen sehen.
Nun zur Ordnung / Unordnung: Die Container stehen ja recht ordentlich aufgereiht an einem Straßenrand. Wir können anhand der Nummerierung sogar nachvollziehen, dass sie in der richtigen Reihenfolge stehen :-). Aber auch die Bäume sind ordentlich aufgereiht. So ordentlich, wie das bei Bäumen wohl möglich ist. Jedenfalls stehen sie alle sehr senkrecht da, was durch das Fehlen von Ästen noch stark betont wird.
Im Prinzip eine recht banale Szene, aber durch die Suggestion, dass wir hier Zeugen einer ganz uns gar zwingenden Verbindung und Geschichte werden, die wir spüren aber nicht lesen können, werden wir von der Szene magisch angezogen.

von Uschi

Auf den ersten Blick eine Landschaftsaufnahme. Alles gut. Doch diese Radspur stellt eine überdeutliche Verbindung zwischen der Siedlung und der Ackerfläche her. Doch das Verhältnis zwischen den beiden ist irgendwie gestört! Die Menschen, die in der Siedlung leben, könnten niemals dieses ganze Gemüse essen! Acker und Siedlung gehören gar nicht zueinander!

von Susann

Man sagt ja den Bechers nach, sie hätten, was sie fotografierten, WIE oder ALS skulpturale Manifestationen der menschlichen Kultur fotografiert. In ihrer Ästhetik nach einer Beschreibung der menschlichen Kultur gesucht. Und seitdem ringen wir Fotografinnen und Fotografen damit, uns mehr oder weniger von dieser Position abzugrenzen. Witzigerweise ist der Bildgegenstand dieser Fotografie nun TATSÄCHLICH eine Skulptur, denn das Graffity verbindet sich mit den Pfeilern zu einem Ensemble. Er ist gleichzeitig Skulptur UND skulpturale Manifestation. So bin ich auch ausnahmsweise mit dem Graffity versöhnt. Es gehört zu diesem Bild. Die Rauchsäule im Hintergrund ist neckisch. Ein bisschen Haha, ein bisschen nukleare Apokalypse.

von Alex

Eine ganz, ganz feine Zeichnung in 3 Stufen zwischen Ordnung und Chaos, die der Zufall schuf! Schön gesehen und genau richtig für uns aus der Wirklichkeit ausgeschnitten

von Uschi

Nicht, dass wir ein solches Bild noch nie gesehen hätten, aber das Motiv berührt doch immer wieder, und außerdem ist es Uschi hier gelungen, ganz, ganz sparsam eine Orientierungshilfe zu platzieren, die das Bild davor bewahrt, vollständig in die Abstraktion abzugleiten. Ohne dieses Fitzelchen Zaun hätte es Vieles sein können, der Zaun jedoch verrät uns, dass wir eine Szenerie durch einen Sichtschutz hindurch betrachten. Dieser konkrete Hinweis macht das Bild viel emotionaler, denn Sichtschutz bedeutet, dass wir es mit etwas Privatem zu tun haben, und dass dieses Etwas, dieser Ort, jemandem so viel bedeutet, dass sie es vor den Blicken seiner Mitmenschen verbergen möchte. Und: Nein, es ist keine Drogenküche, das sehen wir auch, es ist ein Kleinod. Dass wir dieses Kleinod nur äußerst undeutlich sehen, es nicht wirklich entziffern können, steigert eigentlich die Sehsucht, die wir hier empfinden, denn das Bild wird damit zur reinen Projektionsfläche UNSERER Sehnsüchte.

Wir hatten ja das Bild von Renate, bei dem sich die herabgefallenen Blätter mit der Spiegelung des Baumes in der Pfütze wieder verbinden.
Hier in diesem Bild verbinden sich die Antenne und die Satellitenschüssel mit dem Schatten des Baumes auf einer Häuserfassade, als seien sie ganz selbstverständliche Teile von ihm. Auch sehr schön. Das Bild hat einen feinen, ganz leisen Humor. Aber er dominiert das Bild nicht. Am ehesten wird das Bild getragen von der Verschmelzung der dinglichen Welt mit der Schattenwelt auf dieser allerbanalsten aller Projektionsflächen. Der etwas ungelenke Anschnitt links unterstreicht den Humor und erzeugt so eine komische Aura von ICH-WAR‘S-NICHT!

von Renate

Nun, dieses Kinder-Gartenhaus ist ja eine Ungeheuerlichkeit an sich. Und Entgleisungen unserer kulturellen Bemühungen müssen wir natürlich aus Gründen der Aufklärung festhalten. Aber hier passiert ja ein klitzekleines bisschen mehr. Die unscharfe Pflanze im Vordergrund macht uns unmissverständlich klar, dass wir gerade einen verbotenen Blick durch die Hecke eines Privatgrundstücks wagen. Fast komme ich mir vor, als wäre ich in Dallas und würde bei der Familie Ewing durch die Hecke spähen. Und ich muss sagen: Das goldene Zeitalter dieser Familie ist offenkundig vorbei!

Mir gefällt, dass dieser Erdhügel im Vordergrund auf dem Bild so einen starken, etwas fiesen und aufsässigen Objektcharakter entwickelt. Er ist das Zentrum des Bildes! Obwohl er ja etwas unbestreitbar organisches hat, scheint er doch mehr ein Spiegelbild der Stadt zu sein, die wir im Hintergrund sehen, als der Elemente von Natur, die ebenfalls im Bild enthalten sind.

von Evelyn

Zwei ganz und gar unterschiedliche Bilder, die uns aber aufgrund eines ähnlichen Phänomens fesseln: DAS, WAS WIR ANSCHAUEN, SEHEN WIR NICHT. UND DAS, WAS WIR SEHEN, SCHAUEN WIR GAR NICHT AN.

von Susann

Was mich an diesem Bild fasziniert, ist das Zusammentreffen des Normalen mit dem Besonderen. Zunächst: Landschaft mit Dorf. Alles klar. Schön, was wir sehen, ist wahrscheinlich Köln, aber der Gedanke, den das Bild in uns wachruft ist DORF. Da helfen ganz besonders die vielen Giebel, die man sieht. Ansonsten: Felder und Wälder. Aber wir sehen auch den Blühstreifen, der unsere Blicke zu dem Dorf leitet, und außerdem scheint der Himmel über dem Dorf ein ganz kleines bisschen heller zu sein als der übrige Himmel. Auf mich wirkt dieses Bild, als ob diese kleinbürgerliche Idylle, die wir sehen, zu etwas Besonderem ausersehen worden sei.  Wir wissen nicht, was es sein könnte, aber da die Natur selbst uns die Hinweise liefert, scheint es quasi etwas Übernatürliches zu sein.

von Alex

Ich weiß nicht, wie weit das trägt, aber die Wolke, die ja offensichtlich HINTER den Bäumen rechts liegt, scheint sie gleichzeitig zu verdecken!

Ein waschechter Elliott Erwitt, frisch aus den tiefen seines Archivs hervorgekramt!

von Evelyn

von Susann

„Deutschland, ick sehe Dir!“ Das ist ein ganz faszinierendes Thema: Was man in Fenstern sehen kann. Ein bisschen geschnüffelt, aber ein Fenster ist ja auch immer Bühne für die Außendarstellung, und wird dafür auch gerne genutzt. Oben: Schön, wie man durch das Haus in den Himmel schauen kann! Unten: Feines Stillleben.

von Susann

von Alex

Als ich das Dokument geöffnet habe, erschien zuerst das X auf meinem Monitor, die Ansicht war zu groß eingestellt. Die obere Hälfte des Bildes hat mir sofort gefallen. Dann bin ich langsam runter gewandert und sehe, dass im unteren Bilddrittel Gleise im Anmarsch sind. Oh je! Mir war richtig Angst und Bange, wie viele es noch werden würden! Aber die Sorge war unbegründet. Es wurden zwar mehr, als ich erhofft hatte, aber sie haben das Bild nicht in dem Maße banalisiert, das ich befürchtet hatte. Nun, wenn wir in das untere Bilddrittel schauen, dann haben wir schon dieses sentimentale Gefühl, das uns beim Anblick von Gleisen stets ereilt. Aber es überstrahlt nicht das, was in der oberen Bildhälfte geschieht. Dieses magische X, das auf unterschiedlichen Ebenen wirksam ist. Wir erkennen es sofort als Warnschild, das einen Bahnübergang anzeigt. Aber zum Glück ist es von hinten fotografiert! So bleibt uns die Signalfarbe erspart, und das Zeichen - das X - bleibt abstrakter, bleibt ein universelles Zeichen resoluter Verneinung - und verneint hier die Landschaft, genauer: die Baumreihe. Und diese META-BOTSCHAFT erhebt sich glücklicherweise recht deutlich über die Sentimentalität der Gleise!

von Ines

Eine schöne Serie: MESSILAND. Ja, wir kennen das! Wenn wir mal über einen Gartenzaun schauen oder durch eine Hecke spähen, sehen wir in ein privates Universum unkontrollierter Sammelwut. Das ist nicht nur witzig, es ist mehr. Die Vorstellung, dass Sammelwahn außer Kontrolle gerät ist beängstigend. Außerdem ist es ja eine psychologische Dysfunktion die sich an materiellen Gütern festmacht, also irgendwie steckt da auch ein Quäntchen Gesellschaftskritik in Bildern, die das illustrieren. Ich finde, das ist ein Thema, das man durchaus ausweiten könnte!

von Ines

Mein Favorit aus dieser Serie. Es ist bestimmt das heiterste dieser MESSILAND-Bilder. Der Garten sieht scheiße aus, aber man hat den Eindruck, dass die Leute ganz gut drauf sind! Schön ist, wie sich das Chaos vom vordersten Vordergrund bis in den tiefsten Hintergrund schaukelt. In der Mitte blitzt ein weißer Berlingo hervor. Natürlich ein praktischer Hochdachkombi, mit dem man leicht noch mehr unnützen Plunder herbeischaffen kann!

von Uschi

Uschi hat eine angenehme Ordnung in dieses Chaos gebracht! Mit Komposition! Aber auch der Inhalt kommt nicht zu kurz. Ich denke, wir schauen hier von hinten auf Plakatwände. Das rüttelt uns natürlich auf. Wir spüren, dass wir die eigentliche Botschaft nicht sehen können. Sie geht nach vorne heraus, bunt wahrscheinlich, verheißungsvoll, in eine Welt, die wir von hier aus nicht sehen können. In die Scheinwelt? In der wir normalerweise leben? Von dieser Scheinwelt ist absolut nichts zu sehen, und doch ist sie in diesem Bild überaus präsent. Unübersehbar quasi! Obwohl wir hinter die Kulissen schauen, sehen wir die Bühne!

Die Einfachheit dieses Bildes macht mich schier sprachlos! Wir haben ein bisschen Vorstadt-Setting. Wir haben ein wenig ästhetische Anziehung, die von der durch die Spuren vergangener Plakatierungen gezeichneten Fläche der Plakatwand ausgeht. Aber zu 90% geht es um das herabgefallene Plakat, das ungelenk und irgendwie besonders UNFOTOGEN vor der Plakatwand liegt wie ein totes Pferd. Diese STÖRUNG, diese Dysfunktionalität, dieser ERROR, ist so unpretentiös, so gleichmütig festgehalten, dass sie, dass er eine umso drastischere Wirkung erzeugt.

von Evelyn

Endet im Nichts. Den Blühstreifen kenne ich doch schon aus einem anderen Bild! Was hat der Bauer sich dabei gedacht? Eine starke Metapher für jede Art von Sackgasse!

Und noch ein Elliott Erwitt. Ich glaube, wir müssen einmal alle gemeinsam ein große Hommage an diesen großen Humoristen unter den Fotografen und Fotogräfinnen zusammenstellen!

von Renate

von Alex

Der Rabe, was hat er eigentlich an sich, dass er immer so magisch wirkt? Ich verstehe es nicht ganz. Es sind natürlich Krähen, aber ich glaube, wir müssen da nicht weiter differenzieren. Es gibt ja dieses Märchen der Brüder Grimm DIE SIEBEN RABEN. Eine sehr schöne Illustration. Ich würde mich ja nicht wundern, wenn Alex ein paar weggestempelt hätte, damit es passt! :-)

von Uschi

Der Wille des Menschen, es sich schön zu machen, ist durch nichts zu brechen.

Köln-Rath, im Dezember 2021