Vingst

von Susann

Bild 78 - Susann

Es gehört ja nun schon geradezu zu unseren liebgewonnenen Stilmitteln von Susann, dass sie Bilder scheinbar willkürlich dunkler oder heller präsentiert, als sie „sein müssten“ oder „sollten“. Ich schätze an dieser Strategie, die Freiheit, die sie sich nimmt, das Beharren darauf, dass man sich an nichts halten muss. Recht so. Hier bei diesem Bild liegt unser Mehrwert darin, dass durch das Aufhellen des Bildes etwas sichtbar wird, das vorher sozusagen NICHT DA WAR: Die Ampeln. Man sieht das vor allem wenn wir 07-78 zum Vergleich heranziehen. Wir sehen, dass es auf dieser großstädtischen Ansicht viele Details gibt, an denen wir vorbei sehen. Und wie durch Zauberhand, können wir durch Aufhellen und Abdunkeln des Bildes Elemente sichtbar machen oder verschwinden lassen. Wenn ich das Bild so ansehe, drängt sich mir die Frage auf, ob es nicht interessanter wäre, das Bild NOCH radikaler aufzuräumen - bis nur noch die Ampeln sichtbar sind. Ich kann es nicht beurteilen, vielleicht hat Susann Lust, unserer Vorstellungskraft auf die Sprünge zu helfen.

Ein schönes, sehr erzählerisches Bild. Links ein Fitzelchen mehr Platz hätte nicht geschadet. Es ist schön, wie dieser Gebäudeteil in die kurze Seite des Hochformats hinein ragt - wenig Platz für das Gebäude und viel Platz für die weniger aufregende Umgebung.

von Uschi

Frei nach Ernest Hemingways „Der alte Mann und die Kreuzung“. Normalerweise warne ich Euch ja oft vor diesen Bildern. Da geht jemand durchs Bild, und man denkt sich: JETZT!, aber es kommt nichts Schlüssiges dabei heraus, es könnte dieser oder jener Mensch sein, er könnte hier oder dort stehen oder laufen - es ist beliebig und verhilft dem Bild nicht zu einer klaren Linie. Aber bei diesem Bild hier habe ich das Gefühl DIESER GEBEUGTE ALTE MANN GEHÖRT GENAU DA HIN. Das fügt sich in dieses Vorstadt-Panorama. Dieser Mann, der so verloren wirkt, inmitten dieser Weite, in der man sich verlieren kann. Bei Kreuzung I habe ich diesen Eindruck nicht. Hier wirkt die Körperhaltung ein wenig wie eine Parodie. Er ist hier etwas größer und steht stärker am Rand, was ihm beides ein Quäntchen zu viel Aufmerksamkeit verschafft, gerade genug, um sich nicht mehr in dieser Weite verlieren zu können.

Normalerweise macht man ja so etwas heute in Photoshop. Hier aber haben wir diesen „Farbklecks-Effekt“ mal in Natur. Das müssen wir natürlich lobend hervorheben. Außerdem ist die Komposition hervorzuheben. Die Stämme rechts und links, die sich mit den Bildrändern verbinden wollen, wären normalerweise No-Go, aber hier helfen sie, den Blick auf die Signallampe zu leiten. Und auch der menschliche oder soziale Aspekt ist nicht gering zu schätzen: Was macht die Alarmanlage hier? Ist der Segen dieser Abgeschiedenheit womöglich gleichzeitig ein Fluch, weil jede/r ungestört eindringen kann?

von Cornelia

von Ines

Ich hoffe, Du hast Dir die Garderobe nicht ruiniert, als Du es gemacht hast. Falls doch, so kann ich Dir versichern, dass es sich gelohnt hat!
Ihr wisst ja, dem Thema Komposition stehe ich ja äußerst skeptisch gegenüber. IST NICHT SINNSTIFTEND - um es kurz zu machen. SINN im Sinne von INHALT. Aber hier möchte ich das schmutzige Wort doch mal in den Mund nehmen. Hier gibt es ja eine ganz banale Komposition, die sehr dominant ist und Dynamik schafft. Der Baumstamm und diese undefinierbare unscharfe schwarze Linie verlaufen tendenziell diagonal durch das Bild und treffen im rechten Winkel aufeinander. Das macht natürlich etwas mit dem Bild, und es macht etwas mit uns. Aber das Ergreifende, das ist natürlich dieser durch die dreckige Plexischeibe geteilte HIMMEL. Der Blick in den Himmel ist natürlich etwas besonders Verheißungsvolles, die Beeinträchtigung, die Störung durch die schmutzige Scheibe ist dementsprechend bedrohlich, entmutigend, ernüchternd. Ying und Yang, Gut und Böse, Licht und Schatten, die dunkle Seite und die ... äh ... Yedi-Ritter. Ganz toll, ganz lebendig in Szene gesetzt!

Brilliante Perspektive, brillianter Anschnitt. Zwei Gestalten entstehen. Die eine sehe ich im Profil, schaue an ihr vorbei auf die andere, die ich von hinten sehe. Und schön, wie sich das STADT KÖLN aus der Dunkelheit herausarbeitet! So kann ich mal Schrift im Bild ertragen.

Stadt Köln - Alex

Es gibt Bilder, die zu illustrieren scheinen, wie ahnungslos der Mensch der Weite und Beschaffenheit des Universums gegenüber steht. Das ja eigentlich direkt über unseren Köpfen beginnt. :-) Dieses Bild legt ohne viel Dramatik nahe, dass „HIMMEL UND ERDE“ ein gänzlich voneinander getrenntes Dasein führen.

gedrückt - Evelyn

schwarz weiß blau - Nicol

Das ist mal wieder so ein herrlich rätselhaftes Bild, das einem keine Rätsel aufgibt! Ich meine damit: Obwohl uns diese Konstellation sofort in ihren Bann zieht, verstehen wir sie gleichzeitig in ihrer ganzen ... Banalität! Wir schauen in Baumkronen vor einem wolkenlosen Himmel in der Abenddämmerung. Von links kommt der leuchtende Kopf einer Straßenlaterne ins Bild. Soweit keine Atomphysik. Komischerweise gibt es aber Äste, die vor dem Lampenkopf sind und welche, die hinter dem Lampenkopf sind und von ihm verdeckt werden. Es entsteht ganz zwingend der Eindruck, dass der Lampenkopf, dieses strahlende Etwas, INMITTEN der Äste ist - geradezu IN DEN FÄNGEN der Äste sich befindet. Und dieses strahlende Etwas ... - wir wissen ja, dass es etwas Technisches ist, die Form aber hat etwas ausgesprochen Organisches, und da die Lichtquelle stark überstrahlt, können wir keine Details sehen, welche die wahre - banale - Natur des Lampenschirms entlarven würden. Ich habe die Assoziation einer Amöbe, die inmitten der Widrigkeiten der Ursuppe ums Überleben kämpft. Oder ist es vielleicht sogar die allererste Zelle????
Die Qualität dieses Bilds besteht für mich darin, die Darstellung einer ganz alltäglichen, gewöhnlichen Konstellation zu sein und uns gleichzeitig, hinter dieser Wirklichkeit, eine zweite ganz andere Wirklichkeit zu präsentieren, die ebenso zwingend und schlüssig zu sein scheint wie die erste! Ganz süß!

Bild 58 - Susann

Bild 59 - Susann

Bild 60 - Susann


Schön gesehen. Dieser Schatten auf der Milchglasscheibe ist wie einem kubistischen Gemälde entlaufen. Herrlich! Aber bei 60 setzt es sich leider nicht durch gegen all die harten Schatten und Flächen. Und bei 59 und 60 ist der Witz weg.

von Renate

Stichwort: Erfrischende Naivität! Es gibt so Bilder, die machen einem einfach nichts vor! Dies ist eines davon. Dieses Bild ist so gar nicht raffiniert! Der Schatten eines Menschen, der auf einer Brücke steht, die Hände ruhen auf dem Geländer. Ich meine, in der Haltung der Gestalt eine gewisse Erwartung zu spüren, aber vielleicht täusche ich mich. Dass Geländer und Brückenboden parallel zum unteren Bildrand verlaufen, überrascht uns fast ein wenig. Es scheint nicht zur Direktheit dieses Bilds zu passen. Jetzt kommt der Mittelstreifen ins Spiel. Auf der einen Seite denken wir: Renate ging es um den Schatten, um den Menschen, der dort stand. Auf der anderen Seite sehen wir: Der Mittelstreifen ist ungemein wichtig, er entwickelt eine große Prägnanz. Der Schatten ist ja etwas Immaterielles. Wir sehen hier das Bild von etwas, das gar nicht da ist. Der Asphalt ist die Projektionsfläche, den sehen wir eigentlich gar nicht, er ist wie das Papier, auf dem ein Foto gedruckt ist. Aber der Mittelstreifen, DAS IST DIE REALITÄT. Und die Beziehung zwischen der Schattengestalt und dem Mittelstreifen - und sie scheinen ja quasi Händchen zu halten - die ist wirklich ganz zauberhaft.

von Annette

Auch hier haben wir ein archetypisches Motiv im Bild: Draußen scheint die Morgensonne. Sie fällt in den Raum und zeichnet den Schatten des Fensters auf den Boden. Achtet einmal darauf: Dieses Motiv wird in der Werbefotografie unglaublich oft bemüht. Da wird dann natürlich im Studio was gebastelt. Ein Scheinwerfer und ein paar olle Dachlatten und schon fällt die schönste Sonne auf den Frühstückstisch.
Ja, ich weiß: Wir sind ja draußen, aber gerade darin liegt ja der Reiz!  Das Abbild des Fensters funktioniert trotzdem. Nur liegt es hier nicht auf dem Frühstückstisch mit der Bio-Margarine sondern fällt auf einen Gully! Das ist frech. Das ist witzig!

Fuchur - Susann

Auch dieses Bild lebt davon, dass der Himmel stark abgedunkelt ist. Wir verlieren dadurch ein wenig die Orientierung - das tut gut. Ich hielt es zunächst für Geäst vor Dampfwolke. Aber tatsächlich scheint der Reiz dieses Bildes in der Begegnung eines organischen Musters mit einer organischen Gestalt zu liegen.

von Jörg

Ich will gar nicht viel dazu sagen: Zwei sehr ansprechende, überzeugende, ehrliche Panoramen großstädtischer Vorstädte. Schön ist das nicht! :-)

von Jörg

von Jörg

Überhaupt: Die gesamte Serie dieser Sozialsiedlung überzeugt. Hier scheint sich in diesen wirklich sehr bemühten Spielplatz-Bauten so eine Art vorsinntflutliche Fred-Feuerstein-Ästhetik zu realisieren, die natürlich in eine schillernde Beziehung zu den Hochhäusern im Hintergrund tritt . Irgendwie fragt man sich, wer der stärkere ist! Das Bild verrät es nicht, und das ist gut so!

Wie oft habe ich schon versucht, Euch Bilder von Graffity abzugewöhnen! Aber hier geht es. Aus einem einfachen Grund: So, wie diese Wandmalerei angeschnitten ist, nämlich so, dass kein Motiv erkennbar ist, spricht die Fotografie von Graffiti im Alllgemeinen, als Bestandteil unserer städtischen Umgebung. Sehr schön gemacht. Die Treppe ist ein wenig arg symbolgeladen, aber die Asymmetrie rettet das Bild.

von Cornelia

Halt - Evelyn

Ich mag es, wie das Geländer da in letzter Sekunde auftaucht. Es ist spannend festzustellen, dass alleine diese weiße abgeknickte Linie für uns unwiderruflich mit TREPPE verbunden ist, auch wenn man die Treppe oder Stufen gar nicht sehen kann. Hier ist ein Zugang / Durchgang / Zutritt. Stairway To Heaven.

Fuge - Alex

Was hier passsiert, ist total spannend. Und hier geht es wirklich um die Komposition. Man würde meinen, die Fuge müsste mitten durch das Bild gehen. Aber hier geht sie von unten in der Mitte nach oben zum linken Bildrand hin. Wie es sich mit der Schärfe genau verhält, kann ich nicht genau beurteilen. Es wirkt jedenfalls so, als ob die Tiefenschärfe zwar nicht durch das ganze Bild reicht, aber doch verhältnismäßig groß ist, was bei diesem Bild wichtig ist. Ich habe nämlich ganz stark die Empfindung, dass diese Fuge sich nach oben hin aus unserer Aufmerksamkeit heraus stiehlt, was ich total faszinierend finde - unauffälliger, leiser wird, aber nur aufgrund ihrer abseitigen Lage, nicht weil die Schärfe abnimmt. Das Bild hat interessanterweise eine sehr starke Räumlichkeit. Die Fuge am oberen Bildrand scheint ganz weit entfernt zu sein. Müssen wir an eine Luftaufnahme vom Amazonas denken? Aber dort zerschneidet der Fluss die Wildnis. Hier zerschneidet die Wildnis eine Asphalt-Wüste.

Einfach schön gemacht. Schwarzweiß ist die richtige Entscheidung. Irgendwie französisch.

Vieles an diesem Bild ist besonders banal, fast unerträglich banal, besonders die Position der verschiedenen Autos - da gibt es nichts Sinnstiftendes. ABER: Das, worum es geht, ist natürlich etwas Anderes. Es ist die Straßenlaterne und der lange gebogene Ast, der aus den Bäumen herausragt und die Beziehung dieser beiden Elemente zueinander. Und an dieser Stelle wird die ganze Banalität dann doch noch sinnstiftend - denn sie bildet das Kontrastmittel, vor dem Laternenmast und Ast ihre besondere Bedeutung bekommen. Denn jenseits dieses langweiligen, ermüdenden Treibens, unseres Alltags, unsichtbar aber direkt vor unseren Augen, geschieht etwas Besonderes, etwas ganz Geheimnisvolles.

von Uschi

dahinter - Evelyn

Ja, wir haben hier mal wieder das beliebte Gegensatz-Paar NATUR / KULTUR. Das zieht immer, aber für sich allein genommen reicht es eigentlich nicht. In diesem Bild haben wir aber noch dieses zweite sehr ergreifende und hochphilosophische Thema: AUFLÖSUNG. Ich denke, es ist nicht übetrieben zu sagen, dass uns dieses Thema einfach nicht unberührt lassen KANN, solange uns der Tod, das Ende unseres Daseins, unsere eigene AUFLÖSUNG, unser VERSCHWINDEN nicht unberührt lässt. Und der Gedanke, dass der Übergang zwischen SEIN und NICHT SEIN ein fließender ist und kein plötzlicher, daran kann man auch gut und gerne eine Weile herumkauen. Bei diesem Bild gibt es eine wunderschöne Balance zwischen SEIN und NICHT SEIN, aber dann gibt es noch diese absolut mysteriöse AUSLÖSCHUNG der oberen Stockwerke, die ganz besonders eindringlich ist. Ich kann nicht sehen, was da passiert. Entweder ich bin zu blöd oder die Datei ist zu weit runtergerechnet.

von Uschi

Noch ein erzählerisches aber auch ein symbolisches Bild. Dass die Fahne so hart an den Kamm des dahinter liegenden Hügels reicht, ist genaugenommen etwas ungelenk. Aber hier stört es nicht, der Fehler verleiht dem Bild eher etwas Unprätenziöses. Das Politische, Gesellschaftliche, Weltanschauliche, das menschliche Treiben, scheint hier hinter etwas Größeres zurückzutreten.

von Cornelia

Eines sehr stilles Bild, aber ich finde, es hat eine besonders große Kraft. Vieles an diesem Bild scheint überaus gewöhnlich und vertraut. Schwer, den Grund für die starke Wirkung des Bildes dingfest zu machen. Eine Besonderheit kann ich jedoch eindeutig ausmachen. Dieses Bild ist nicht der Blick durch Geäst hindurch auf eine Schrebergartensiedlung, hinter der sich eine Gruppe Mietshäuser erhebt. Es ist anders. Das Geäst im Vordergrund wirkt wie eine zweidimensionale Folie, die über ein zweites Bild gelegt wurde: Ein - übrigens sehr schön räumlich gestaffeltes - Bild von einer Schrebergartensiedlung, hinter der sich eine Gruppe Mietshäuser erhebt. Da gibt es einen Unterschied. Durch die zweidimensionale Wirkung des Geästs im Vordergrund, wirkt der Mittel- und Hintergrund wie eine entrückte, fremde, zumindest weit entfernte Welt. Wahrscheinlich auch, weil eine voyeurhafte Perspektive entsteht. Und wahrscheinlich auch, weil der ganz besondere Grad an Präsenz des Geästs im Vordergrund zwischen wichtig und unwichtig, bildbestimmend und nebensächlich, so gut ausbalanciert ist. Und doch ist diese entrückte Welt deutlich erkennbar unsere eigene - auf die wir hier schauen, wie auf eine fremde Zivilisation aus den Tiefen des Weltalls. :-)

Was mir an diesem Bild gefällt, ist etwas ganz einfaches - ein ganz einfacher Gedanke, der mit einfachsten Mitteln visualisiert wurde: Diesen Trabantenstädten / Sozialsiedlungen eilt ja gemeinhin der Ruf voraus, es seien ENKLAVEN, in denen die weniger vom Schicksal verwöhnten leben. Enklave heißt, dass diese Siedlungen von der übrigen Stadt abgetrennt sind. Sind sie oft auch, aber Gott sei Dank nicht durch Zäune! Dieser Zaun hier, das wissen wir, führt nichts Böses, nichts Ausgrenzendes im Schilde, es ist der Zaun eines Bolzplatzes, aber trotzdem: Hier wird das Bild erzeugt, auf das wir insgeheim gewartet haben: Diese Sozialsiedlungen sind abgeschiedene, ausgegrenzte Enklaven, in denen ein abseitiges Leben herrscht, wie wir es uns gar nicht vorstellen können!

von Jörg

Gully Gully - Nicol

Ein klassisches Tatort-Foto. Hier bereichert durch ganz berauschende Farben. Etwa im Lichte der allerersten Zelle???

Das ist mal wieder ein Bild mit einem irgendwie unklaren Zentrum, das uns zu einer ganz lebhaften Betrachtung zwingt. Nach klassischen Kompositionsprinzipien geht‘s um den Baum. Haben wir kapiert. Aber da der Baum sich nicht von der Datsche im Hintergrund vernünftig abhebt, funktioniert es nicht so richtig mit dem Blickpunkt. Dann wollen wir die Datsche ansehen. Geht aber auch nicht so richtig, weil der Baum im Weg ist. Jetzt wird alles möglich. Den Hüpfball haben wir schon entdeckt, aber es kommen auf einmal noch mehr große und kleine Ziele in der Nähe und in der Ferne ins Visier. Aber trotz allem sind wir uns die ganze Zeit gewahr, dass hier eine Geschichte erzählt wird, von einer Datsche, von einer Vision von einem anderen als dem Arbeitsleben.

Es passiert nicht oft, dass ich ein Bild zu Gesicht bekommen, das ich einfach nicht kapiere. Das Bild hat mich auf Anhieb angesprochen. Hier scheint es in einem organischen Muster ganz unterschiedliche Schärfeebenen zu geben. Da freut sich das Auge! Aber trotz wiederholtem Auf- und Absetzen der Lesebrille bin ich mir nicht sicher, was hier passiert. Diese längliche Form rechts kann ich nicht entschlüsseln. Und auf ihr scheint sogar wie ein Schatten der Abdruck von Zweigen zu liegen. Ganz rätselhaft. Sehr spannend.

von Renate

von Susanne

Eigentlich müsste ich es aus diversen Gründen ablehnen - vielleicht fangen wir einmal damit an ... :-). Zunächst  liegt der obere Bildrand mehr oder weniger genau auf der oberen Ecke der Raute auf. Normalerweise fotopolizeilich strengstens verboten! Da wird uns ja die materielle Dimension der Fotografie geradezu ins Gesicht geknallt. Wir aber sind ja hinter der immateriellen oder DEN immateriellen, geistigen, psychologischen, kulturellen, soziologischen etc. Dimensionen der Fotografie her!  Und dann diese Aufkleber! Was für ein überaus harter Verweis auf die schnöde industrielle Herkunft des Schildes! Aua!
Aber gerade da liegt die Magie dieser Fotografie: Das scheinbar gleichberechtigte Nebeneinander dieser absolut reinen und in ihrer Reinheit eben UNIVIERSELLEN, geradezu UNIRDISCHEN Form einerseits und den grausam irdischen, vollkommen schnöden, unsäglich banalen Hinweisen andererseits: CE-Prüfzeichen, RAL-Zertifikat, die Schrauben,  die Feuerverzinkung, Hinweise auf Bürokratie und Ordnung als Selbstzweck. Hier in diesem Bild so zusammengebracht, dass die Parallelität von Banalem und Sublimem plötzlich so nachvollziehbar und selbstverständlich wird.

von Annette

Wir haben es hier eigentlich mit einem relativ überladenen und besonders sentimentalen Motiv zu tun: Eine geöffnete Tür. Was die Diagnose TÜR angeht, so gibt es da ein paar Ungereimtheiten, aber die können wir ignorieren, weil wir in jedem Fall TÜR DENKEN . Jetzt ist aber das, was wir sehen, so rau, und es ist so schonungslos ehrlich fotografiert, dass wir leider vollkommen vergeblich darauf warten, von kitschigen Gefühlen hinweggespült zu werden! Was wir uns natürlich wünschen, aber gleichzeitig nicht verzeihen könnten. :-) Nein, hier haben wir nichts zu lachen. Und was ich so besonders reizvoll finde, das ist das nebeneinander dieser beiden Dinge: Das kitschige Motiv auf der einen und die ungeschönte Darstellung auf der anderen Seite.

Das ist für mich ein echter Nicol. Mit einigem verschmitzten, intellektuellen Augenzwinkern, ohne dass dabei SCHÖNHEIT jedoch ganz außer Acht gelassen würde. Eigentlich ist es ja ein witziges Bild: Diese Straßenlaterne wird VOLLSTÄNDIG dargestellt - ohne vollständig dargestellt zu werden! Es gibt nur EINEN triftigen Grund, weshalb die drei Leuchtquellen so penetrant am oberen Rand des Bildes positioniert wurden: Dass Nicol DIE GANZE Straßenlaterne zeigen wollte - bis hinunter zum Boden. Aber das, der gesamte Laternenmast, bleibt in undurchdringlicher Finsternis liegen.

drei - Nicol

von Susanne

Auch dieses Bild lebt von einem Kontrast, einem Gegensatz. Wir haben das liebliche Gegenlicht einerseits, es scheint Abendsonne zu sein, und in der anderen Waagschale liegen Verschleiß und Zerstörung und offensichtlich mehrere gescheiterte Reparaturversuche - sorgsam abgeschmeckt mit einer außerordentlich unattraktiven Form, die beim ersten Reparaturversuch aus dem Asphalt herausgeschnitten wurde. So lassen wir uns die liebliche Abendsonne gefallen!

von Ines

Wir geben dem Bild den Titel NEULICH IM WILDEN WESTEN, und ein Humor-Punkt folgt auf dem Fuße.  :-)

Herrenumkleide - Alex

An diesem Bild fasziniert mich die Komposition, genauer gesagt das perfekte, verrückte Zusammenspiel der vielen scheinbar gleichwertigen Blickpunkte, zwischen denen unser Auge hin und her flitzt: Die unbestimmbare weiße Säule im Hintergrund zuallererst, die 2 Schilder, der rote Blumenkübel, die Bank im Vordergrund und die im Hintergrund, das Gebäudeteil aus weißen Ziegelsteinen, der Baum und - unscharf - der Schildermast im Vordergrund. Das ist ein starker aber ein formaler Aspekt, über den sich das Auge schon mal sehr freut. Aber hinzu kommt die eindringliche Beschreibung dieses Ortes, der - zumindest mir persönlich - gleichzeitig so fremd aber auch so vertraut vorkommt, weil ich alle diese Elemente schon mal irgendwo gesehen habe, an einem anderen aber ähnlichen Ort. Unsere Heimat!

von Ines

Eine Hommage an FLATSCREEN von Evelyn (siehe AM WALDBAD). Aber gekonnt. Vielleicht etwas grober als Evelyns Bild, aber der Holzhammer tut dem Bild gut, lässt Witz aufkommen.

Köln-Vingst, im März 2021