4-ländlich - Susann
4-ländlich und 10-ländlich ähneln einander sehr. Entscheidend ist der gleichzeitig überdeutliche und doch geheimnisvolle Vordergrund - vor einem unscharfen und sehr weiten Hindergrund. Die Details im Vordergrund, zum Teil Ausschnitte eines Ornaments, beginnen zu erzählen.
Die Farbvariante 11-ländlich überzeugt mich weniger. Durch die Farbe, wird der Rost deutlicher erkennbar, und der hat immer so eine billige Nähe zu "Vergänglichkeit", die man wohl besser ein paar
Jahrhunderte lang ruhen lassen sollte.
10-ländlich - Susann
11-ländlich - Susann
von Ines
Der unscharfe Gegenstand links legt nahe, dass die Beobachterin aus dem Verborgenen heraus fotografiert. "klandestin" ist das Wort. Ist dankenswerterweise eingedeutscht worden - extra für unseren
Fotokurs. Danke!
Man meint beinahe, den Stuhl verbotenerweise auszuspionieren. Der Stuhl seinerseits scheint auch etwas zu betrachten. Oder ist das alles ein Hinweis auf eine Person, die normalerweise hier sitzt?
Sehr schön beziehungsreich und rätselhaft.
von Renate
Es ist faszinierend, wie zweidimensional die Häuserfront hier wirkt. In Wahrheit ist es nämlich gar keine Häuserfront, weil die vier Häuser gar nicht auf einer räumlichen Ebene liegen. Die zwei Seiten einer Medaille hier eng verwoben.
von Matthias
Es ist einmal wieder ein Bild, das dadurch interessant wird, dass die Gestaltung die gewohnten Pfade verlässt - und überrascht, unsere Erwartung im positiven Sinne enttäuscht.
Es ist ja offensichtlich, dass das Bild der Blumen wegen gemacht wurde, die im Vordergrund scharf abgebildet sind. Dewegen hat uns der Liebe Gott ja Schärfe und Unschärfe gegeben: Damit wir
zeigen können, worum es uns geht. Hier bei diesem Bild funktioniert das aber nicht so richtig, obwohl Schärfe von Unschärfe sichtbar getrennt sind. Der Hintergrund ist so unruhig, dass er das
Motiv im Vordergrund auflöst. ABER: Von oben links läuft ja Himmel ins Bild und schafft ein bisschen ruhigen Hintergrund. Und ausgerechnet in diese Fläche hinein strecken sich sehnsüchtig die
längsten Stengel des Strauchs. Und jetzt erst wird das Motiv richtig deutlich, und unsere Augen können es - nun von oben kommend - vor dem unruhigen Garten wahrnehmen. Das Bild hält uns dadurch
in Atem, dass es sein Motiv nur zögerlich preisgibt. So bleiben wir aufmerksam!
Ja, ich weiß, Schilder sind ja fast verboten, aber hier ist das Schild Teil einer fast rein farblichen Lösung. Es bekommt etwas leicht figürliches dadurch, dass es wie aus einem Versteck hervorzukommen scheint. (Der Lauscher an der Wand ... )
In der Natur kommen RAL-Farben offensichtlich nicht vor. Sie sind das Ergebnis der Bestrebung, auch so etwas komplexes wie Farbe einer Norm unterwerfen zu wollen. Wir sehen ja, wohin das führt. Immerhin kann der Kontrast zu den natürlichen Farben der Blüten nicht größer sein!
von Renate
Signale - Alex
Eine ganz feine Zeichnung, die der Zufall schuf.
Bild 4 - Matthias
Bild 8 - Matthias
Zwei sehr unterschiedliche Bilder vom gleichen Baukörper. Bei 4 zeigt sich das Gebäude von einer eher bedrohlichen Seite, und dazu passt natürlich der Blick durch die Gitterstäbe. Bei 8 dagegen wirkt das Gebäude in der Landschaft so schön deplaziert.
T - Evelyn
Ihr wisst ja, gegen Straßenbahnmarkierungen hege ich eine fotografische Allergie, aber manchmal muss man eben Opfer bringen! Schön, wie hier die drei "Ts" gesehen wurden in drei verschiedenen Lagen. Eines als Abdruck, eines verwittert, eines neu - auf diesem herrlichen Grund gleichmäßig verstreuter Baumsamen. Da kommt so viel zusammen! Auch Plan und Zufall. Natur und Kultur. Gegenstand und Abbild. Zeichen und willkürliche Form.
Zunächst möchte man fast ein bisschen verzweifeln, weil scheinbar alles irgendwie angeschnitten und nichts ganz drauf ist. Man fragt sich: Worum geht es denn jetzt? Bäume? Gebäude? Schlot? Bolzplatz? Himmel? Alles scheint im gleichen Maße vernachlässigt zu sein. Das schafft aber auch eine sehr schöne Balance! Dazu kommt, dass der Schlot, weil er im Gegenlicht ist, ganz und gar unplastisch wirkt - um nicht zu sagen: zweidimensional. Dieses rechteckige "Loch" verleiht dem Bild einen abstrakten Effekt (unter anderen natürlich), der es sehr spannend macht und uns wohltuend irrritiert. Das grandiose Streiflicht in den Bäumen erledigt den Rest!
von Jörg
Kühe! Aber natürlich machen sie das Rennen! Es sind phantastische Tiere! Du hast drei sehr, sehr witzige Bilder mit Kühen gemacht, und eines davon wähle ich als meinen Favoriten: Bild Nr. 10. Das
Bild ist vollkommen absurd! Es gibt einen ganz klaren Fokus in diesem Bild: Die Kuh, genauer gesagt: Den Kopf der Kuh, noch genauer gesagt: Das, was sie im Maul hat, was da deswegen gerade mit
ihr geschieht. Ist es ein Tennisball? Wird sie daran ersticken? Ist sie todgeweiht? Warum schaut sie uns an? Sehe ich einen leisen Vorwurf in ihren Augen? Aber vor allem: Warum zum Teufel ist
nicht die Kuh scharf sondern die dusseligen Zaunpfähle im Vordergrund? So erreicht uns dieser stille Vorwurf zum Schluss des Todeskampfs wie durch einen Schleier. :-)
In der Tat entsteht eine ungeheure Diskrepanz zwischen der Prägnanz dieser Szene und dem Umstand, dass die Schärfe (= Achtung) auf einen anderen Bildpunkt gelegt wurde. Ich finde das wahnsinnig
komisch!
Einen ähnlichen Witz zeichnet Bild Nr. 7 aus. Hier ist es die perfekte Übereinstimmung des Rückgrats der Kuh mit der Oberkante des Zaunpfahls. Das ist so perfekt, dass man sich gar nicht
vorstellen kann, das sei ein Versehen gewesen. Diese formale Übereinstimmung ist natürlich banal und inhaltlich ohne jeden Sinn, aber natürlich ist das so prägnant, dass es jede andere
Eigenschaft des Bildes übertönt.
Und Bild Nr. 8, hier ist der Witz selbsterklärend.
Wir kennen den rostigen Gegenstand von den Bildern von Susann. Hier sehen wir jetzt etwas mehr, obwohl sich mir immer noch verschließt, was das einmal gewesen sein soll. Jedenfalls ist sicher,
dass es hier zweckentfremdet wird. Es sieht so aus, als habe es der Bauer oder die Bäuerin zu einer Absperrung umfunktioniert. Wenn man an das Bild von Susann denkt, wirkt der Gegenstand hier auf
den ersten Blick banalisiert. Der Zauber ist weg. Auch der Rost verliert den farblichen und haptischen Reiz und wird wieder zu ... Rost. ABER: Das Gefüge von Linien und Flächen, das als Ergebnis
der Komposition hier entsteht, ist so stark, so eindringlich und zwingend, dass es jede Banalität und billige Symbolik der Gegenstände vollständig übertrahlt. Ein feines Bild.
von Uschi
Hier wird EIGENTLICH Vergänglichkeit als etwas unbestimmter Bildinhalt großzügig bemüht. Das wäre normalerweise Schimpfe. Zu allem Überfluss scheint die Pflanze auch noch enthauptet worden zu sein.
ABER: Diese vier Flächen alten Mauerwerks haben eine so starke geometrische Wirkung, dass das zunächst so sentimental erscheinende Bild ein wenig ins nüchterne Mondrianeske abgleitet. Ganz spannend.
von Ines
Zelt - Evelyn
Hier haben wir einmal mehr ein "dekonstruktivistisches" Bild. Das ist so ein Phänomen, das mich gerade interessiert. Ich beobachte das nämlich in der Musik, genaugenommen in der Tradition des Schlagzeug-Spiels, dass bei den aktuellen, zeitgenössischen Virtuosen die uns vertraute Struktur weitgehend aufgegeben wird. Und solche Phänomene sind dann ja oft in verschiedenen Kulturdisziplinen zu beobachten. Zurück zu "Zelt": Wieder so ein Bild fernab der klassischen Kompositionsregeln. Ohne klares Zentrum. Schwer lesbar - und doch stark!
von Uschi
Es ist wunderschön räumlich gestaffelt in Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund - mit diesem grünen Ast, der in verschiedenen Schärfegraden von einer Ebene in die nächste führt, bis er sich
schließlich auflöst. Aber bei näherem Betrachten sieht man, dass sich das Bild nicht in räumlicher Staffelung und Schärfeebenen erschöpft.
Die Ebenen scheinen auch etwas zu bedeuten. In meinen Augen gibt es hier eine frohe Botschaft. Der Vordergrund ist düster. Das Blatt ist befallen. Sein letztes Stündlein hat geschlagen. Der Ast
jedoch, der zum Hintergrund leitet, ist begrünt. Und im Hintergrund bahnt sich schließlich Licht durch das Dickicht - Symbol für Leben. So werden in diesem Bild auch verschiedenen Daseinszustände
dargestellt- fein säuberlich gestafffelt.
von Jörg
Natürlich sehen wir, dass das eine Badewanne ist, aber es mutet viel mehr wie eine Kreuzung aus Alien und einem schrottigen Raumschiff an. Das gibt dem Bild einen schönen Witz. Dazu die beiläufige Tatort-Perspektive. So geht's!
Was ich an diesem Bild so toll finde, das ist die ganz feine Balance, zwischen einem figürlichen Bild und der Darstellung eines Musters. Von oben ergießt sich diese Kaskade aus Blättern und
bildet ein Muster. Unten halten ganz konkrete Formen dagegen. Auch der Schornstein ist überdeutlich, fast ein wenig banal. Dafür dann aber fast brutal an den Rand des Bildes gedrängt. Die Wolken
am Himmel wiederum ahnt man durch das Muster der Blätter mehr als dass man sie sieht. Ein ganz besonderes Bild. Leise aber absolut eindringlich.
von Susann
von Renate
Man sieht, worum es geht. Renate hat diese vier Weiden entdeckt und fotografiert. Tatsächlich aber löst sich ihr Motiv FAST vor seinem Hintergrund auf. Um ein Haar hätte man nicht gewusst, wohin schauen. Es ist gerade nochmal gutgegangen. Mehr noch: Es ist ein fragiles Gleichgewicht zwischen Prägnanz und Auflösung entstanden, das das Bild reizvoll macht.
von Matthias
Piktogramme in Fotos sind ganz schwierig. Immer automatisch plakativ und etwas banal, legen uns auf eine meist eindimensionale Interpretation fest. In diesem Bild entsteht für mich aber eine sehr vielschichtige Verbindung zwischen dem Piktogramm und dem Krankenhaus im Hintergrund. Das Piktogramm bedeutet ja mit seinen Symbolen, dass hier Menschen zusammengebracht werden sollen. Der Hintergrund scheint aber eher nahezulegen, dass hier Menschen getrennt werden. Durch die Anonymität moderner Großbauten (für den Fall, dass man das Krankenhaus nicht als solches erkennt) oder dadurch, dass im Krankenhaus ja auch Menschen sterben.
Oben 1 - Annette
Ich schwanke stark zwischen OBEN 1 und OBEN 2. Zunächst gefiel mir 2 besser, weil es deutlich ungelenker und weniger gefällig ist. Der Blick in den Himmel ist aus naheliegenden Gründen ein alter Hut der Fotografie. Da muss man sich schon ein bisschen strecken, wenn man dem Thema etwas Neues abgewinnen will. Deshalb: 2. Alles drängt sich in die untere Hälfte eines ohnehin schon sehr langgezogenen Querformats. Und in der oberen Hälfte passiert so gut wie gar nichts. Die Aufteilung tut ein bisschen weh. Eine Aufteilung in zwei Hälften bremst natürlich die Dynamik ganz erheblich. All dies deutet in Richtung "enttäuschte Erwartungen", und das finden wir ja gut.
Aber nein: Ich entscheide mich für 1. Ja, es ist gefälliger und zugänglicher - Häuser, Bäume und Wolken gruppieren sich so schön um das runde Stück Himmel herum. Dennoch passt die Lampe links nicht perfekt ins Bild, ergibt eine etwas unerwartete und auffällige Form, und macht uns aufmerksam, ein wohltuender Mißklang! :-)
Oben 2 - Annette
Sperre - Evelyn
"Sperre" ist ebenfalls stark! Hier ist wiederum etwas gemacht worden, das uns vertraut ist. Farben und Lichtführung sind durchaus konventionell. Aber der Gegenstand wirkt zwar banal, bleibt aber vollkommen rätselhaft, was bei all der harmonischen Vertrautheit für eine gehörige Irritation sorgt.
von Jörg
Ich hoffe, Du hast das dem Patienten nicht weggenommen! :-)
Ihr wisst ja: Die Begegnung eines Regenschirms und einer Nähmaschine auf einem Seziertisch (Surrealismus). Das Bild ist schon plakativ, aber ... schön, dass Du es gemacht hast!
Sehr schön komponiert und technisch super gelöst.
von Susann
Schornstein - Alex
Ich breche heute einmal eine Lanze für den Humor. Für den versauten Humor - der aber hier mit einer sehr passenden Prise Gesellschaftskritik gewürzt ist: Ich wähle: SCHORNSTEIN. Würde es nur
wegen der offenkundigen sexuellen Konnotation sein, würde ich es bei einem Schmunzeln belassen und LIEBLICH wählen. Aber da gibt es noch diese Spurenelemente von äußerst amüsant vorgebrachter
Gesellschaftskritik in diesem Bild, die es dann eben doch an LIEBLICH vorbeiziehen lassen.
Ich vermute, das Bild ist eine Spiegelung, und dass diese leichte Dopplung, die wir sehen können, auf eine Eigenschaft der spiegelnden Fläche zurückzuführen ist. Es KÖNNTE aber auch verwackelt
sein - vielleicht sogar VERRISSEN! Und warum wackelt man oder verreisst die Kamera? Wann und warum bewegt man sich plötzlich unkontrolliert und unwillkürlich? Na, wenn man erschreckt halt! Und
die Vorstellung, dass ein Fotograf oder eine Fotografin angesichts dieses Motivs ERSCHRECKT, so erschreckt, dass er oder sie die Kamera verreisst (und gleichzeitig doch das Foto schiesst .......
), die finde ich total amüsant. Diese Vorstellung lässt das Bild als äußerst humorvolle und auch feine Studie zum Thema "Prüderie" (bei einer Frau) oder "Homophobie" (bei einem Mann) erscheinen.
Ganz klasse.
Trotzdem noch eine lobende Erwähnung für LIEBLICH.
Die Qualität dieses Bildes liegt darin, dass der Schornstein sozusagen als REINE FARBE und REINE FORM vor uns steht - nicht als Schornstein. Der Schornstein ist quasi sublimiert, er spielt auf
einer anderen Bildebene als die anderen Bildgegenstände, wirkt fast eingesetzt. Ich sag's ja immer: Dieses ewige Colorieren einzelner Bildgegenstände einer Fotografie, bzw umgekehrt: Das
Farbig-Lassen einzelner Bildgegenstände eines Schwarzweiß-Fotos ist gar nicht nötig.
lieblich - Alex
Die Haut der Gelbbauchunke. :-) Was für ein schönes organisches Muster! Aber dann noch der Bogen und die Ausbrecher im Muster, damit es nicht langweilig wird.
von Ines
unten - Annette
Eine lobende Erwähnung. Ja, es ist lieblich. Aber es ist nicht doof! Schlaglicht auf eine winzige Portion Natur in der Stadt.
Köln-Holweide, im September 2020
Stadtbild Köln
Susanne Döring, Annette Eckes, Matthias Engele, Markus Gierling, Ines Gleitze, Nicol Goudarzi, Jörg Henne, Markus Horakh, Simone Lang, Cornelia Olligs, Claudia
Paul, Uschi Reufels, Renate Schüler, Alexandra Schweda, Evelyn Strohbach, Susann Wagner, Klaus Zander, Thomas Boxberger, Karl von Westerholt
© 2020-2021 Das Copyright der Bilder liegt bei der/m jeweiligen Fotograf/in, alle Rechte vorbehalten.
Alle Texte zu den Bildern sind von Karl von Westerholt, alle Rechte vorbehalten.
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